Erwartet heuer einen Zuwachs von 27 Prozent bei digitalen Kameras: Olympus-Chef Masatoshi Kishimoto.

STANDARD: Herr Kishimoto, sie waren bei Olympus maßgeblich für den frühen Einstieg in Digitaltechnik bei Fotoapparaten. 1998, als Digikameras noch ein Nischenprodukt waren, sagten Sie voraus, dass der Verkauf digitaler Kameras bald so groß wie der von konventionellen Kameras sein würde. Wie weit ist die Entwicklung?

Kishimoto: 1996 haben wir mit dem Verkauf digitaler Kameras begonnen, Wir haben immer "hippe" Modelle entwickelt. Im Jahr 2000 waren wir die Nummer eins, aber seit andere Konzerne eingestiegen sind, sind wir jetzt einer der Top-4-Hersteller, mit Sony, Fuji und Canon. sie sind heute so wichtig wie konventionelle Kameras. 2000 war das Jahr des Gleichstands: Nach den Daten des japanischen Industrieverbandes zogen Digitalkameras nach Stückzahlen 2000 mit analogen gleich, vergangenes Jahr haben sie auch nach Wert gleichgezogen. Jetzt wachsen Digitalkameras weiter, während der Absatz von Filmkameras zurückgeht. Heuer erwartet die Industrie einen Zuwachs von 27 Prozent bei digitalen Kameras, hingegen zehn Prozent Rückgang bei konventionellen Kameras. Dieser Trend wird noch länger anhalten.

STANDARD: Werden für Olympus digitale Kameras das Hauptprodukt im Bereich von Konsumenten-Produkten sein?

Kishimoto: Ja, sicherlich.

STANDARD: Gibt es noch eine Zukunft für Filmkameras, oder wird das ein Nischenprodukt für Spezialisten werden?

Kishimoto: Das glaube ich nicht. Als Hersteller solcher Kameras werden wir uns bemühen, die Balance zu erhalten. Aber aufgrund der technologischen Fortschritte im digitalen Bereich werden Digikameras noch weiter zulegen. Es ist schwer zu sagen, auf welchem Niveau diese Entwicklung abgeschlossen ist. Filmkameras werden auf jeden Fall weiter existieren und wir werden neue Features entwickeln.

Aber digitale Kameras bieten große Chancen, das Geschäftsfeld auszuweiten, während Analogkameras nur eine Box und ein Film sind. Bei digitalen Apparaten gibt es weitere Infrastruktur, etwa Software, Drucke und anderes.

STANDARD: Olympus hat sich sehr gut im gehobenen Konsumentensegment etabliert, aber diese Bedeutung nie bei Spiegelreflexkameras (SLR) und im professionellen Markt erreicht. Werden Sie diesen Markt aufgeben?

Kishimoto: Es stimmt, wir haben uns bei SLR nicht so gut entwickelt. Seit über zehn Jahren haben wir uns auf Kompaktkameras konzentriert und den Übergang zu digitaler Technologie. Auch Endoskope und andere unserer Medizinprodukte sind im Kern digitale Kameras.

Im Digitalbereich haben wir jedoch beschlossen, die ganze Bandbreite von Kameras, auch SLR, zu entwickeln. Bei der letzten Photokina im Herbst 2002 haben wir einen Digitalstandard für SLRs vorgestellt und wir werden nächste Woche in den USA ein erstes funktionsfähiges Modell auf dieser Basis präsentieren. Wir wollen eine Kamera auf SLR-Basis, die unser Flag-Carrier ist. Viele Benutzer, vor allem Profis, ziehen solche Kameras den Kompaktkameras vor. Im Analogbereich werden wir uns hingegen auf Kompaktkameras konzentrieren.

STANDARD: Sie haben vor einigen Jahren gesagt, dass es künftig nur noch etwa zehn Kamerahersteller geben wird - derzeit sind es viel mehr. Bleibt der Markt zersplittert?

Kishimoto: Im Augenblick zähle ich alleine in Japan 27 Hersteller, und weitere weltweit. Eine Konzentration hat also bis heute nicht stattgefunden, im Gegenteil. Aber es werden nicht mehr werden, sondern in den nächsten fünf Jahren deutlich weniger.

STANDARD: Werden Handys mit Kameras eine Konkurrenz für reine Fotoapparate?

Kishimoto: Davon bin ich überzeugt. Es wird heuer Handys mit Kameras mit einem Megapixel Auflösung geben, nächstes Jahr zwei Megapixel. Zwei Faktoren begrenzen diese Entwicklung: Die Größe der Kameras und der Preis für aufwändigere Technik. Handys müssen klein und nicht allzu teuer sein. Wir leben nicht in diesem Markt billiger Kameras, den können die Handyhersteller haben.

Im vergangenen Jahr sind bei Kameras vor allem Geräte mit hoher Auflösung und starken Features gewachsen, das ist unser Markt. Leute, die gerne fotografieren, verwenden eine Kamera, kein Handy.

STANDARD: Ihre Kernkompetenz ist Optik, sowohl bei Kameras als auch Medizintechnik. Werden Sie sich weiterhin darauf begrenzen?

Kishimoto: Nein, sicher nicht, auch wenn Optik unsere Grundlage bleibt. Nur mit optischer Technologie könnten wir nicht überleben. Vor zehn Jahren haben wir sieben Technologien festgelegt, die unser Fokus sind. Dazu gehören unter anderem Nanotechnologie und Genomtechnologie.

Aber unser optisches Know-How bleibt eine wichtige Grundlage. Für hochauflösende Kameras braucht man entsprechende Optik, während man Sensorchips und Elektronik zukaufen kann. Unsere Konkurrenten aus der Unterhaltungselektronik müssen hingegen die Optik zukaufen.

Erst vor kurzem haben wir uns an einem japanischen Inkubator beteiligt, den wir zur Entwicklung nuer Geschäftsfelder einsetzen werden.

STANDARD: Sie haben ihre Expansion in die Medizintechnik mit den Gewinnen aus Kameras finanziert und vorausgesagt, dass sie mit den Gewinnen aus der Medizintechnik in neue Bereiche gehen werden.

Kishimoto: Unsere Gewinne gingen vom Kamerageschäft in die Endoskope, jetzt werfen Endoskope Gewinne ab. Einen Teil dieser Profite investieren wir in neue Aufgaben, vor allem bei Nanotechnologie und Genomtechnologie. Im Bereich Genomtechnologie werden wir heuer im Sommer richtig einsteigen.

STANDARD: Hat Olympus Österreich besondere Aufgaben bei der EU-Erweiterung?

Kishimoto: Wir verfolgen ein Konzept der Regionalisierung, Wien ist dabei Zentrum unserer zentraleuropäischen Einheit. So ist Wien u. a. unser IT-Zentrum für alle umliegenden Länder., wie Kroatien, Slowenien, Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen, auch die Schweiz und die Niederlande, die allen an der hiesigen Computerinfrastruktur hängen.

STANDARD: Planen Sie, in Produktionsstätten in Österreich zu investieren?

Kishimoto: Derzeit nicht; unsere Produktionsstätten orientieren sich an den Marktkosten. Im Konsumentenbereich werden die meisten Kameras in China gefertigt, Mikroskope auf den Philippinen. In Deutschland produzieren wir einige medizinische Geräte

STANDARD: ...dort sind die Arbeitskosten höher als in Österreich.

Kishimoto: Ein Zufall, wir haben ein deutsches Unternehmen gekauft, mit spezieller Technologie bei Laborautomation. Wenn wir ein wirklich gutes Unternehmen in Österreich finden, dann könnte es schon sein, dass wir zusammenkommen. (DER STANDARD, Printausgabe 26.2.2003)