Bilder von der Überwachungskamera.

zeitung/kriminalabteilung NÖ
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Wien/Linz - Banküberfälle gehören zu den am besten erforschten Deliktsparten der Kriminalität. Stoppen lassen sich die Coups im Kassenraum aber dadurch nicht. Nicht einmal einen Tag nachdem in Gerasdorf bei Wien ein unbekannter Räuber einen Verfolger erschossen hatte, suchte Dienstagmittag ein Mann in Frauenverkleidung eine Filiale der Spardabank in Attnang-Puchheim (OÖ) heim und entkam mit 16.500 Euro.

Der oberösterreichische Räuber dürfte unbewaffnet gewesen sein, die Angestellten des Instituts konnten nicht wissen, dass die "Bombe", die er aufs Kassapult legte, eine Attrappe war. Und auch wenn die Angestellten Verdacht geschöpft hätten, die Schulungen sehen für alle Überfälle vor: kein Risiko - Geld ist ersetzbar, ein Leben nicht.

Nach diesem Motto hatte auch die junge Kassierin der Raika in Gerasdorf gehandelt, als Montag kurz vor Kassaschluss eine Mann mit weißer Eishockeymaske und vorgehaltener Pistole Geld verlangte. Doch Gerhard H., der 58-jährige Vater der Angestellten, der seine Tochter von der Arbeit abholen wollte, rannte dem Räuber nach. Nach einem kurzen Handgemenge schoss der Kriminelle fünfmal, der 58-Jährige verstarb noch am Tatort. Der Lehrer aus Wolkersdorf im Weinviertel hatte er erst vor kurzem seine Pension angetreten.

"Loch im Kopf"

Wie berichtet, kaperte der Räuber anschließend einen Pkw und zwang den Lenker, einen Präsenzdiener, nach Deutsch-Wagram zu fahren. Dabei soll die Drohung "Sonst hast ein Loch im Kopf. Auf einen mehr kommt's auch nicht mehr an" gefallen sein. Beim Bahnhofsgelände in Deutsch-Wagram wurde der unbekannte Räuber zuletzt gesehen.

Die Spurensicherung nimmt nun jedes Fuzerl am Tatort und in dem Fluchtfahrzeug unter die Lupe. "Wir hoffen, entscheidende Fasern im Mikro-Bereich oder DNA-Spuren des Täters zu finden", sagte Chefermittler Franz Polzer. Sollte der Täter wegen eines anderen Deliktes bereits in der DNA-Datenbank gespeichert sein, was bei Bankräubern sehr oft der Fall ist, kennen die Kriminalisten seinen Namen.

Banküberfälle zugenommen

Die Zahl der Banküberfälle hat seit den 70-er Jahren in Österreich stark abgenommen. 2001, eine aktueller Statistik liegt noch nicht vor, wurden 77 Geldinstitute ausgeraubt. Vor dreißig Jahren waren es doppelt so viele. Bankräuber sind in der Regel keine professionellen Verbrecher, sondern kreditverlustige Kontoüberzieher, mittellose Suchtkranke oder glücklose Glücksspieler. Die Analyseabteilung im Innenministerium hat herausgefunden, dass Freitage besonders gefährdete Wochentage sind, ein Viertel aller kriminellen Kassenentleerer taucht kurz vor Kassaschluss auf. Sieben von zehn Bankräubern landen hinter Gittern.

Schießereien bei Banküberfällen sind zwar selten, die Hemmschwelle von Kriminellen, bei Gegenwehr eine mitgebrachte Schusswaffen zu benützen, wird allerdings immer niedriger. So kam es vergangenen Dezember in Wien zu zwei Überfällen mit Schussabgabe - eine Kassierin wurde verletzt. Den bislang letzten tödlichen Zwischenfall in einer Bank selbst gab es im Februar 1989 in Graz, als ein Räuber eine Angestellte und dann sich selbst erschoss.

Arbeitslosigkeit

Wissenschaftlich belegt ist, dass vor allem Arbeitslosigkeit eine kriminelle Hauptantriebsfeder ist. Rudolf Winter-Ebmer vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Johannes-Kepler-Universität Linz und Steven Raphael von der University of California in Berkeley haben diesen Zusammenhang in einer Studie eindeutig nachgewiesen. Ihre Conclusio: Nicht noch härtere Strafen, sondern sichere Arbeitsplätze können Verbrechen am besten verhindern. Steigt die Arbeitslosigkeit weiter an, wird es auch mehr Überfälle geben. (simo, Der Standard Printausgabe vom 26. 2. 2003)