Washington - Die Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen beginnt sich in den USA wieder zu schließen. Nach einigen Jahren, in denen der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern sogar gewachsen war, haben die Frauen im vergangenen Jahr wieder zugelegt. 77,5 Prozent des Männerlohns bringen vollzeitbeschäftigte Frauen im Durchschnitt nach Hause. Damit wurde in den USA im Jahr 2002 der bisher höchste Wert für Frauen erreicht.

Erneuter Abfall seit 1994

Der Anstieg geht allerdings nur sehr langsam vor sich: Bereits im Jahr 1993 lagen die Frauenlöhne schon bei durchschnittlich 77,1 Prozent der Männergehälter. In den folgenden Jahren hatte sich die Schere jedoch wieder geöffnet. Im Jahr 2001 verdienten Frauen in den USA nur mehr 76 Prozent im Vergleich zu den männlichen Kollegen, geht aus den Berichten des Bureau of Labor Statistics hervor.

Erklärungsmodelle

Den prozentuellen Anstieg für Frauen im Vorjahr erklärt Heidi Hartmann, Direktorin des Institute for Women Policy Research in Washington, mit der Wirtschaftskrise. In Boomzeiten machen Männer in der Industrie, im Internet-Sektor und in technologienahen Branchen große Gehaltssprünge. In Rezessionszeiten wie im Vorjahr können Frauen wieder aufholen, weil sie oft im staatlichen Bereich oder im Gesundheitswesen beschäftigt sind wo es kleinere aber regelmäßige Lohnerhöhungen gibt.

Auch der steigende Anteil von Frauen bei den Gewerkschaftsmitgliedern hat wohl zum Aufholen beigetragen: Im Jahr 2002 waren 42 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder Frauen, 1995 erst 39 Prozent. Gewerkschaftsmitglieder verdienen in den USA im Durchschnitt 23 Prozent mehr als ihre nicht-organisierten Kolleginnen und Kollegen.

ÖkonomInnen rechnen damit, dass sich die Schere zwischen Männer- und Fraueneinkommen weiter schließt. Ganz werde der Unterschied aber eher nicht verschwinden, heißt es in einem Bericht der "New York Times": Einerseits sei für die geringere Bezahlung von Frauen schlicht Diskriminierung verantwortlich, die oft subtil geschehe und schwer messbar sei. Weiters seien Frauen durch Kinderbetreuung und Haushaltsführung, die zum überwiegenden Teil auf ihren Schultern laste, oft beruflich weniger flexibel. (APA)