Zwischen 187.000 und 403.000 Euro zahlten anonyme Käufer für edles Dachgebälk bei Christie's.

Foto: Christie's

Córdoba/London - Im Rahmen der Auktion "Art of the Islamic & Indian Worlds" spielte Christie's in London am 7. Oktober für fünf Dachbalken aus der Gran Mezquita Córdobas umgerechnet 1,5 Millionen Euro ein. Alte Arabische Kunst findet Rekordbieter und erlebt laut dem Auktionshaus "progressiv steigende Nachfrage", zumeist von Käufern aus dem Mittleren Osten.

Zwischen rund 187.000 und 403.000 Euro zahlten anonyme Käufer für das Edelholzdachgebälk, das schon im Frühjahr 2006 Teil von Christie's Programm war. Zweifel am Ursprung der Balken, die Spaniens Kulturministerium hegte, hatten die Auktion verzögert. Christie's bürgte stets für ihre Legalität. Die Herkunft wurde genauestens geprüft, und allenfalls werde mit internationalen Behörden kooperiert.

Seitens Spaniens klärte sich die Rechtslage diesen September: Fernando Cruz Conde, Vikar der Kathedrale Córdobas, die seit 1984 zum Unesco-Welterbe gerechnet wird - widerrief jeglichen Anspruch auf die Balken. Grünes Licht, das er nicht ganz freiwillig gab. Laut einem Gesetz von 1926 hätte die Mezquita Anrecht auf die behauenen Lärchenhölzer. Die Chance, spanisches Recht in England geltend zu machen, sei gering. "Verkauft haben wir sie niemals", versichert der Vikar, doch: Mezquita-Kunst wurde über Grenzen transportiert, Aufzeichnungen darüber gäbe es keine. Auch Mercedes Mudarra, Andalusiens Kulturrätin bedauerte den Christie's-Verkauf. Das Gesetz zum historischen Erbe sehe nun komplette Inventarlisten vor: "Auktionen wie diese werden nicht mehr möglich sein." Als die Balken Spanien verließen, "gab es weder Gesetze noch Sensibilität für Kulturerbe".

Wie kamen die Hölzer zu Christie's? Córdoba im März 2006, als der erste Balkenauktionstermin in London bekannt wurde: Ein anonymer Kunsttischler, der um 1990 bei der Restaurierung des Mezquita-Dachstuhls werkte, sagte bei der Polizei aus: "Ein hoher Geistlicher der Diözese" habe ihm Balken gebracht. Sie lagen eine Dekade lang in der Scheune, einen baute er in der Wohnung des Diözesanmitarbeiters ein, einen weiteren im eigenen Wohnzimmer.

Keiner dachte in den 1990er-Jahren an den künftigen Wert der behauenen Hölzer. Erst Petro-Dollars arabischer Kunst-Aficionados belebten den Markt. Zwischen 2002 und 2006 verkaufte der Tischler sieben edle Balken für insgesamt 52.000 Euro an den Kunstsammler Francisco Cabello Mohedano. Die Verwirrung war perfekt, als die damalige Kulturrätin Andalusiens, Rosa Torres, im April 2006 bestätigte, dass ihr Cabello Mezquita-Balken angeboten hatte - für 215.000 Euro -, und das Kulturministerium zuvor Cabellos Ansuchen auf die Ausfuhr seiner Hölzer verweigerte. Torres lehnte ab, denn: "Wir kaufen nie Kunst, die eventuell geraubt wurde", verteidigte Mudarra ihre Vorgängerin. Regierungen müssten rechtlich eingreifen, "sonst eröffnen sie Marktperspektiven".

Damals dachte der Tischler - wie die Regierung Andalusiens - die Christie's-Balken wären jene, die er an Cabello verkaufte. Doch das Gericht Córdobas gab dem Sammler Recht. Die Christie's-Balken sind andere. "Sie verließen Ende des 19. Jahrhunderts Spanien", sagte José Clemente, Historiker der Universität Córdoba: Ein Buch des Architekten Féliz Hernández von 1928 belegt die Herausnahme der Balken zu jener Zeit. Sie gelangten in den 1950er-Jahren über Südfrankreich nach England. Christie's selbst gibt sich bedeckt: "Die Balken entstammen einer Privatsammlung".

Der Mezquita-Leitung bleibt Trost. Rund 55.000 Euro des Erlöses erstritten die Anwälte für die Caritas, und die sieben Balken Cabellos kaufte nun eine Baufirma aus Córdoba für 150.000 Euro - um sie der Kirche zu geben.

Mezquita-Präsident Manuel Pérez Moya plant sie demnächst im Orangenhof auszustellen. Ein Wermutstropfen: Die Anwaltskosten der Mezquita beliefen sich auf mehr als 90.000 Euro. (Jan Marot / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.10.2008)