Sojourner Morrell und Hannah Zeitlhofer an ihrem neuen Arbeitsplatz in den Stallungen der Hofburg: Die Ausbildung zum Bereiter-Anwärter an der Hofreitschule dauert vier bis fünf Jahre

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Hannah Zeitlhofer (21) und die Britin Sojourner Morrell (17) sind die ersten weiblichen Elevinnen. Generaldirektorin Elisabeth Gürtler: Es gab keinen sachlich gerechtfertigten Grund mehr, Bewerberinnen abzulehnen

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Nun ist es fix: Die Spanische Hofreitschule bildet zwei junge Frauen aus. Die ersten weiblichen Lehrlinge in der 430-jährigen Geschichte des Instituts haben das Probemonat erfolgreich hinter sich gebracht – Von Martina Stemmer

Wien – Dass mit der Aufnahme von Frauen in die Spanische Hofreitschule die letzte Männerbastion gefallen sei, will Elisabeth Gürtler so nicht gelten lassen. "Vor kurzem war ich beim Bundespräsidenten", sagt die Ex-Sacher-Chefin, die seit gut einem Jahr Direktorin der Hofreitschule ist, "und da ist mir aufgefallen: Bei der Ehrengarde arbeitet keine einzige Frau."

Dabei bestehe diese immerhin aus 90 Personen – während die Hofreitschule lediglich 16 Mitglieder zähle. "Bei so wenig Personal kann man noch immer sagen, gut, da war eben keine geeignet. Bei 90 ist das allerdings sehr unwahrscheinlich."

Unter Gürtlers Regiment haben erstmals in der 430-jährigen Geschichte der Hofreitschule zwei junge Frauen die Möglichkeit, sich zu Bereiterinnen ausbilden zu lassen. "Wir haben uns gefragt: Sind die Werte, die hinter dieser Tradition stehen, noch zeitgemäß? Und wir sind zum Schluss gekommen, dass dem nicht so ist", sagt die Chefin. Gleichzeitig räumt Gürtler ein, dass bei dieser Entscheidung auch die Sorge mitgespielt habe, man könnte auf Dauer Schwierigkeiten mit dem Gleichbehandlungsgesetz bekommen.

Aus Mangel an Interessenten sei die Öffnung jedenfalls nicht passiert. "Wir bekommen jährlich unzählige Bewerbungen, jetzt müssen wir jene von Frauen nicht mehr sofort in den Papierkorb werfen."

Bisher gab es nur alle vier bis fünf Jahre einen Eleven

Insgesamt schwingen sich nun vier sogenannte Eleven (Lehrlinge) täglich aufs Pferd. Neben Hannah Zeitlhofer und Sojourner Morrell wurden mit Christopher Egger und Mathias Krenmayr auch zwei junge Männer ins Ausbildungsprogramm aufgenommen. Dass vier Eleven gleichzeitig in den historischen Stallungen am Josefsplatz trainieren, ist eher ungewöhnlich. Bisher wurde alle vier bis fünf Jahre lediglich ein neuer Eleve aufgenommen – nämlich dann, wenn der alte zum Bereiter-Anwärter aufsteigt. Ursprünglich sollten nach dem Probemonat, den die vier bereits hinter sich haben, nur zwei Eleven aufgenommen werden. "Wir haben uns dann aber dazu entschlossen, allen vieren die Möglichkeit zur Bereiter-Ausbildung zu geben", sagt Gürtler.

Hin und wieder komme es laut Reitbahn-Leiter Ernst Bachinger auch vor, dass ein Eleve frühzeitig das Handtuch werfe. Kann ein Lehrling keine medizinischen Gründe für seinen Abgang vorweisen und sieht auch der Ausbildner keinen Grund, warum aus dem Lehrling kein guter Bereiter werden soll, muss der Eleve in diesem Fall Strafe zahlen. Sämtliche Auszubildende verpflichten sich dazu, mindestes zehn Jahre an der Hofreitschule zu bleiben.

Neues Gehaltsschema

Reich wird der Reiter-Nachwuchs vorerst nicht. Das Einstiegsgehalt orientiert sich mit 770 Euro am gesetzlich festgelegten Lehrlingsgehalt. Die erste Erhöhung gibt's erst als Bereiter-Anwärter – diese fällt dann allerdings großzügiger aus als noch vor ein paar Jahren. Elisabeth Gürtler ist nämlich dabei, ein neues Gehaltsmodell einzuführen. Die Gehaltsspitzen der Oberbereiter sollen zugunsten der jüngeren Bereiter gekappt werden.

Insgesamt will die Hofreitschule aber weniger Geld ausgeben. "Wir dürfen dem Staat nicht mehr so sehr zur Last fallen wie in den vergangenen Jahren", sagt die Direktorin. Laut Rechnungshof sammelte sich zwischen 2001 und 2006 ein Defizit von 18,44 Millionen Euro an, im Jahr 2007 belief sich das Minus auf 1,9 Millionen Euro. Die höchsten Kosten verursachten dabei die Gehälter.

Ein Oberbereiter verdiente bis zu 173.000 Euro jährlich, ein Bereiter zwischen 70.000 und 121.000 Euro. Dabei bestanden die Gesamtjahresbezüge zu mehr als zwei Dritteln aus Zulagen. "Das muss sich ändern", sagt Gürtler.

"Wir brauchen mehr Pferde"

Auch auf der Einnahmenseite wünscht sich Gürtler Verbesserungen. "Wir brauchen mehr Pferde", sagt die Chefin. "Momentan haben wir zwei Vorstellungen in der Woche, wenn wir mehr ausgebildete Pferde hätten, wäre da mehr möglich." Außerdem will sie künftig mehr Geld für Tourneen verlangen. "Unsere Auftritte müssen teurer werden." Außerhalb der Reitbahn soll künftig ebenfalls Geld verdient werden – etwa im Pferdestall. Ein Teil jenes Bereichs der Hofreitschule, in dem die Lipizzaner untergebracht sind, soll künftig zur "Gala-Zone" umfunktioniert werden. Bis zu 600 Leute sollen gleich neben den edlen Rössern essen, trinken und feiern können. (MArtina Stemmer/ Der STANDARD Printausgabe 16.10.2008)