Sympathisanten der Republiker und Demokraten treffen sich zum "public viewing" im Lokal.

Demokratischer Aufruf zum Wählen. Die Strukturen der Auslands-Republikaner sind in Österreich weiter weniger ausgeprägt.

Applaus brandet auf. Joe Biden hat es Sarah Palin gerade so richtig gegeben. Ihr gezeigt, wo der Bartl den Most herholt. Oder besser: "He shows her which side her bread is buttered on". Die "Democrats Abroad" sind naturgemäß begeistert, die wenigen verstreuten Republikaner im Pickwicks am Schwedenplatz halten sich zurück und üben sich in Nachsicht. "So schlecht war sie gar nicht", murmelt eine ältere Dame und ihr Begleiter nickt: "Eine patente Frau". Strafender Blick vom Nachbartisch.

Aufzeichnung der Debatten 

Zu laut äußern aber weder Republikaner noch Demokraten ihre Kritik am jeweils anderen Kandidaten. Fairness wird unter US-BürgerInnen groß geschrieben. Regelmäßig treffen sich sowohl Republikaner wie Demokraten im Lokal nahe dem Wiener Schwedenplatz, um sich die Aufzeichnung der Debatten  anzuschauen. Und hier ist auch einer der Plätze, an denen die Demokratin Katie Solon auf WählerInnenfang geht. Aber nicht Stimmen für ihren Kandidaten Obama sammelt die US-Amerikanerin, die seit 26 Jahren nicht mehr in den Staaten lebt. Sondern Leute, die sich für die Wahlen registrieren wollen. Unter dem Motto "Democracy: Use it or Lose it" informiert sie mit zahlreichen anderen der "Democrats Abroad" über den einfachsten Weg, sich von Österreich aus für die US-Wahlen registrieren zu lassen. "Egal ob Republikaner oder Demokrat," so Solon. "Hauptsache die Menschen wählen".

Stimmrecht in den USA

"Ich habe meine Wahlkarte heute abgeschickt", berichtet Bill und ist sich bewusst, dass er spät dran ist. Er lebt seit 30 Jahren in Wien, hat aber in den USA weiterhin Stimmrecht. Ursprünglich stammt er aus New Jersey. Dorthin musste er auch sein Registrierungsformular schicken. Seinem Gesprächspartner aus Kalifornien könnte er allerdings keine große Hilfe sein. Jeder Bundesstaat hat unterschiedliche Regelungen oder Deadlines, bis wann registriert und wie gewählt werden kann. In 18 Staaten kann man sich auch für die Wahl anmelden, wenn man US-Bürger ist, aber noch nie in den Vereinigten Staaten gelebt hat. Dann gilt der letzte Wohnort von einem der beiden Eltern. Etliche Staaten fordern auch eidesstattliche Erklärungen.

Demokratische Strukturen

Geschätzte 10.000 US-AmerikanerInnen leben derzeit in Wien, 15.000 in ganz Österreich. 2004 registrierten sich in Österreich über 2000 Personen über das Anmeldetool der "Democrats Abroad". Republikanische Anstrengungen dieser Art gibt es bisher kaum. Die Strukturen der "Republicans Abroad" sind erst im Aufbau begriffen. Wer registriert ist, kann entweder per Briefwahl, in einem eigens installierten Wahllokal oder auf der Botschaft wählen.

Auswirkungen auf die Wahlen

Insgesamt leben sechs bis sieben Millionen US-Amerikaner im Ausland. Eine Anzahl, die in der Theorie bei sehr knappen Wahlen Ausschlag gebend sein könnte, vor allem in den Swing States wie Ohio oder Pennsylvania. Tatsächlich ist es aber noch nie vorgekommen, dass die Stimmen der Auslandsamerikaner die Wahl entschieden hätten. "Im Ausland leben häufig Ost- und Westküstenamerikaner aus demokratischen Staaten," weiß der Politologe Thomas Hofer. Da auch die US-Bürger außerhalb der USA tendenziell eher demokratisch wählen, fallen deren Stimmen nicht ins Gewicht. Nur innerhalb militärischer Einrichtungen im Ausland oder in kriegsführenden Ländern wie Afghanistan übersteigt der Anteil der republikanisch Wählenden jenem der demokratischen, so Hofer.

Neutrale Militärs

Das will man bei der U.S. Army weder bestätigen noch allgemein darüber Auskunft geben. "Der Job bringt mit sich, dass wir nach außen hin neutral auftreten müssen", erklärt Major Ronald J. Goodeyon von der United States Air Force, seit zwei Jahren stationiert im deutschen Wiesbaden. Auf dem Stützpunkt selbst redet kaum jemand über Politik, man habe Besseres zu tun. Zu Hause oder unter Freunden werde zwar diskutiert, man verliere aber trotzdem etwas den Kontakt zum täglichen Politikgeschehen, so Ronald.

Auch er hat bereits per Briefwahl gewählt, seine demokratische Pflicht nimmt er sehr ernst: "Ich bin ein politischer Mensch und will mitbestimmen können, wer mich als Präsident vertritt". Mit dieser Einstellung macht er seinen "Voting assistance officer" Ronald Vitiello froh. "Responsibility has no borders. Vote!" ist das Motto, unter dem auch er - wie viele US-Amerikaner im In- und Ausland - in letzter Zeit unterwegs ist. (Manuela Honsig-Erlenburg, derStandard.at, 10.10.2008)