Einer der seltenen Schnappschuesse eines Power Rangers in freier Wildbahn. Lesen Sie mehr ueber die Wellness-Abenteuer von Guido Gluschitsch...

Foto: derStandard/Sulzbacher

Aus dem Helm rinnt mir der Dreck, als ich aufstehe. Der Gasgriff der BMW ist fast zur Gänze im Schlamm versunken. Und ich wünsch mir, dass sich die Erde noch ein wenig mehr auftut und mich gleich mitverschlingt. Als die BMW wieder steht und ich mir den ärgsten Gatsch vom Körper gekratzt habe, ist auch schon der Fritz neben mir und erklärt mir, dass das jedem passieren kann. Der Tom rechnet die Haltungsnoten der Jury zusammen. Und ich frage mich, wie es so weit kommen konnte.

Beim ersten Jausen-Kaffee heut Früh am Endurogelände in Ampflwang starren wir alle noch besorgt auf die Hand vom Sulzi. Der hat beim ersten BMW-Testtag gestern am Steilhang ausgiebige Bodenproben gezogen und dabei vergessen, die Finger zwischen Kupplungshebel und Griff zu entfernen, bevor er mit dem Lenker zum Furchenziehen ansetzte. Ganz nebenbei erzählt der mehrfache Trial-Staatsmeister Erich Brandauer, dass er sich auf der Strecke schon zweimal mit dem gleichen Baum angelegt hat.

Der Erich ist zwar ein festes Astl, aber so ein Laubbaum lässt sich davon nicht so sehr beeindrucken, dass er ausweichen würde, nur weil ein Einschlag absehbar ist. Die Tür geht auf und BMW-Motorrad-Chef Fritz Reichl kommt herein. Sein Muskelkater vom Training ist besser. Er sagt, dass das heute ein toller BMW-Testtag werden wird. Er klopft mir auf die Schulter und erinnert mich daran, dass wir von den BMW-Mountain-Days in Kaprun noch eine Rechnung offen haben. Ich habe damals um Revanche gebettelt und er sagte: „Beim nächsten Mal.“

Der Fritz ist schon wieder tief in Gespräche mit Testfahrern vertieft als ich mit der BMW G 450 X ausfahre. Brandauer, Sulzi und Joe Lechner fahren mit mir ein paar Runden. Es wird eine wilde Hatz. Zumindest für mich. Erst fliegt der Brandauer an mir vorbei, in der nächsten Kurve nimmt mich der Sulzi beim Anbremsen und am Kurvenausgang hupt der Joe hinter mir. Knapp vor der nächsten Kurve überholt er mich so, dass es mich fast in den Wald pfeffert und weg ist er. Drei Kurven später hupt es wieder hinter mir. Der Joe macht sich den Spaß und versteckt sich, wenn er an mir vorbei und außer Sichtweite ist und kommt dann wieder von hinten. Um mich zu ärgern. Sonst geht es ihm um nix.

>>> der glu entdeckt Österreichs erstes „Steil-Moor“

Mir geht es darum, herauszufinden, wie sich die BMW im Endurogelände tut. Sie ist ein Knaller. Mit Straßenzulassung ist die G 450 X so rennfertig, dass man nur das Nummerntaferl runternehmen sollte, damit man es nicht gach irgendwo verliert. Das Fahrwerk ist straff und die BMW wartet mit edeln Tricks auf. Dadurch, dass der Tank hinten montiert ist, kann man am Kurveneingang extrem weit nach vorne rutschen.

Dadurch, dass die Schwinge genau dort ansetzt, wo das vordere Ritzel ist, ändert sich der Kettendurchhang nicht mehr. Egal ob man grad durch die Luft fliegt wie das Familien-Porzellan beim Wochenendstreit oder in der Kompression hängt wie die Maus in der Falle. Und die Leistung der BMW ist einfach atemberaubend. Für meinen Geschmack sogar etwas zu stark. Dreht man den Gashahn, reißt es die BMW so sehr weg, dass man schauen muss, noch drauf zu bleiben.

Deshalb gibt es keinen Grund für mich, die offene G 450 X, die auch da steht, fahren zu wollen. Außer dem vielleicht, dass grad keine andere da ist. Na dann… Und siehe da, ich komm mit der offenen BMW noch besser zurecht, obwohl die sogar zehn PS mehr leistet als die zulassungsfähige. Der Schub setzt gleichmäßiger – aber auch gewaltiger – ein. Ich fühle mich auf ihr noch wohler.

BMW-Testtag-Tourguide Tom meint, dass er auf der normalen BMW eine Stunde länger durchhält als auf der offenen. Die zehn PS weniger kommen der Kondition sehr entgegen, meint er. Wir einigen uns darauf, dass man nicht global entscheiden kann, welche besser ist. Und wir einigen uns drauf, noch eine Runde zu fahren. Und BMW-Chef Fritz Reichl einigt sich darauf, auch mitzufahren. Und er einigt sich darauf, mir vor dem Steilhang den Vortritt zu lassen. Ich schau den Steilhang runter und ein kalter Schauer rinnt mir über den Rücken.

Wenig später rinnt mir ein kalter Schauer übers Gesicht, als ich mit selbigen im Schlamm einschlage. Und ich frage mich, wie es so weit kommen konnte…

(Text: Guido Gluschitsch, Foto: Martin Sulzbacher, 06.10.2008)

Guido Gluschitsch ist Chefredakteur von www.motorradnet.at.