Maßnahmen gegen den Abschwung können helfen.

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Wien - Alfred Gusenbauer weiß offenbar mehr als viele Ökonomen und schließt eine Rezession in Österreich aus. Die Vorzeichen für einen mindestens sechsmonatigen Abschwung - so lautet die technische Definition für eine Rezession - sind jedenfalls nicht ungünstig. Drei große Volkswirtschaften Europas, Deutschland Großbritannien und Spanien, stecken laut OECD bereits in dieser Phase. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) nimmt das böse R-Wort in den Mund und prognostiziert den USA eine Rezession.

Laut Fonds-Chef Dominique Strauss-Kahn hat ein "ernsthafter und anhaltender Abschwung des Weltwachstums begonnen", wie er in einem Interview sagte. Der IWF macht die Finanzkrise für den pessimistischen Ausblick verantwortlich und stellt dazu einen Vergleich zwischen "normalen" Konjunkturzyklen und Abschwüngen infolge von Finanzmarkt-Schocks an. Das Ergebnis: Der Verlust der Wirtschaftsleistung ist in Verbindung mit Banken-Krisen in etwa doppelt so groß wie ohne. Und sie dauern in der Regel zwei- bis viermal so lang.

113 Stressphasen

Der Währungsfonds, der 113 Stressphasen des Finanzsystems analysiert hat, zeigt auch auf, wann die Konsequenzen besonders drastisch sind: Nämlich dann, wenn vor dem Einbruch die Kredit- und Häusermärkte besonders überhitzt waren - das entspricht genau der aktuellen Lage. Insbesondere die Erfahrungen der Schockwellen in den USA, Skandinavien, Großbritannien und Japan Anfang der 90er-Jahre und teilweise danach stützen diese These.

Als ebenfalls bedeutsam beschreiben die Studienautoren die Stabilität der Staatshaushalte in dieser Phase: Davon hänge ab, "ob sich der Abschwung in eine Rezession verwandelt". Die aktuelle Finanzsituation gilt in Europa als mäßig, in den USA - schon vor den Rettungsplänen für die Banken - als katastrophal. Dennoch könnte die bessere Budget-Verfassung der Union dazu führen, dass Europa an einer Rezession vorbeischrammt, heißt es in dem Bericht. Einschränkung: Bei den Staatsfinanzen gibt es in Europa große Unterschiede, wobei vor allem Deutschland in den vergangenen Jahren stark konsolidiert, während die Entwicklung in Italien oder Großbritannien in die Gegenrichtung lief. Auch die Abhängigkeit von Firmen und Privaten von externer Finanzierung wird als Faktor bestimmt. Während die US-Haushalte im Gegensatz zu den europäischen stark verschuldet sind, gilt der Eigenfinanzierungsgrad der Unternehmen generell als hoch.

Für den Wifo-Konjunkturexperten Marcus Scheiblecker ist es relativ unklar, warum manche Abschwünge rasch überwunden werden, andere dagegen lange anhalten. Das Wachstum hänge eben nicht direkt mit dem Ölpreis oder den Wechselkursen zusammen. Solche Faktoren können einen Abschwung zwar beeinflussen, seien aber nie die alleinige Ursache. Beispielsweise sei es im Jahr 2005 trotz des hohen Ölpreises und ungünstiger Wechselkurse mit Österreichs Wirtschaft steil bergauf gegangen. Ein Konjunkturtief könne allerdings durch eine positive internationale Entwicklung oder durch wirtschaftspolitische Maßnahmen schnell abgefedert werden, ist Scheiblecker überzeugt.

Gegensteuern gefährlich

Der Währungsfonds ist der Überzeugung, dass staatliches Gegensteuern ebenso sinnvoll wie gefährlich sein kann. Als nützlich erachtet er rechtzeitige Hilfsmaßnahmen, die den Kreditfluss an Haushalt und Unternehmen aufrecht erhalten. Schädlich seien hingegen Maßnahmen, mit denen das Leben kaputter Institute verlängert und somit die Schockwellen nur verlängert werden.

In Österreich zeichnet sich jedenfalls ein Konjunkturpaket ab. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bekräftigte am Freitag seine Ankündigung, bis Mitte Oktober ein Maßnahmenpaket zu schnüren. Über dessen Inhalt wollte er noch nichts verraten. (Andreas Schnauder, Katharina Lang, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4./5.10.2008)