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Traditionsreiche Ig-Nobelpreise

Cambridge - Die Harvard University bei Boston ist so etwas wie das Mekka der Wissenschaft. In allen internationalen Hochschulrankings nimmt die Uni den ersten Platz ein; an keiner anderen arbeiteten mehr Nobelpreisträger, wie eine Studie gerade erst herausfand.

Einmal im Jahr ist an der Harvard University großer Spaß angesagt: dann nämlich, wenn im ehrwürdigen Sanders-Theater die in einem mehr oder weniger feierlichen Zeremoniell so genannten Ig-Nobel-Preis vergeben werden. (hier im Bild die OpernsängerInnen Ben Sears und Maria Ferrante: die beiden in den schicken kurzbebeinten Aufzügen).

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Unmögliche Forschung

Damit werden seit 1991 unnütze (ignoble) oder skurrile Forschungsarbeiten ausgezeichnet, "die zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken animieren", so Marc Abrahams (hier im Schattenprofil). Abrahams ist der Herausgeber der "Annals of Improbable Research" und zugleich Organisator der Feier, die vom renommierten britischen Wissenschaftsmagazin "Nature" immerhin zum "wahrscheinlichen Highlight im Jahreskalender der Forschung" erhoben wurde.

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Biologie

An der wissenschaftlichen Spaßparty, die Donnerstag Nacht stattfand, nahmen heuer gleich 1200 Forscher teil - darunter zahlreiche echte Nobelpreisträger. Einer der vielen Unterschiede zum Nobelpreis: Die Anreise mussten die Laureaten selbst bezahlen. Und anders als die Nobelpreise werden die Ig-Nobels in gleich zehn Kategorien vergeben, unter anderem auch in Biologie. Da räumten Veterinärmediziner aus Toulouse ab - mit ihrer Erkenntnis, dass Hundeflöhe durchschnittlich 20 Zentimeter höher springen als Katzenflöhe.

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Archäologie

Hohe zoologische Anteile hatte auch der diesjährige Ig-Nobel-Preis in Archäologie: Der ging an Astolfo Gomes de Mello Araujo and José Carlos Marcelino von der Universität São Paulo in Brasilien, die untersuchten, wie Gürteltiere die Weltgeschichte verändern.

Wie die beiden Forscher zeigen konnten, bleibt bei historischen Grabungsstätten nämlich buchstäblich kein Stein mehr auf dem anderen, wenn sich die Tiere einmal durch das Erdreich gewühlt haben. Die Altersbestimmung der Fundstücke werde damit quasi verunmöglicht, hatten die Forscher im Fachblatt "Geoarchaeology" herausgefunden. Araujo war hocherfreut über seine Auszeichnung: "Es gibt keinen Nobelpreis für Archäologie."

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Chemie

Den Chemie-Ig-Nobel-Preis teilte sich ein US-Gynäkologenteam mit Forschern aus Taiwan - für seine Erkenntnisse rund um die kontrazeptive Wirkung von Coca-Cola. Deborah Anderson hatte mit Kollegen bereits im Jahr 1985 in einer Studie im renommierten "New England Journal of Medicine" herausgefunden, dass Cola Spermien quasi zur Explosion bringt und damit abtötet.

Ihre Kollegen aus Taiwan hatten übrigens das Gegenteil herausgefunden. Andersons lakonische Erklärung: "Die haben eine andere Methode verwendet."

 

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Exakt 60 Sekunden

Apropos Chemie: Überreicht wurden die Ig-Nobel-Preise heuer vom 89-jährigen William Lipscomb, seines Zeichens "echter" Nobelpreisträger für Chemie. Nach der Entgegennahme der Medaille hatten die Preisträger genau 60 Sekunden Zeit für ihre Dankesreden, ehe sie von einem achtjährigen Mädchen unhöflich unterbrochen wurden.

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Kognitionwissenschaften

Auf originelle Weise nutzten die drei japanischen Preisträger in der Kategorie Kognitionswissenschaften ihre Minute: Sie gaben ein dreistimmig vorgetragenes Dankeslied zum Besten. Den Preis hatten sie für ihre in "Nature" publizierte Erkenntnis erhalten, dass auch Schleimpilze in der Lage sind, Rätsel zu lösen: Sie hatten in einem Labyrinth auf der Suche nach zwei unterschiedlich weit entfernten Futterstelle die kürzeste Strecke gefunden.

 

 

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Literatur

Die Ig-Nobel-Preise werden übrigens auch für Literatur vergeben. Erhalten hat ihn David Sims für eine Studie mit dem Titel "Du Bastard. Eine narrative Untersuchung über die Erfahrung von Empörung in Organisationen". Sims preisgekrönte Erkenntnis: "Unsere Geduld, das Verhalten anderer zu interpretieren, ist nicht unbegrenzt."

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Ernährung

Das italienisch-britische Wissenschaftler-Duo Massimiliano Zampini und Charles Spence wurde für ihren wissenschaftlichen Vorschlag, das Knacken älterer Chips elektronisch so zu verändern, dass sie wie frisch klingen, mit dem Preis für Ernährungswissenschaften bedacht.

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Physik

Das hilfreiche Forschungsergebnis, dass sich ein Knäuel von Fäden oder Haaren so oder so verwirrt, gereicht Dorian Raymer und Douglas Smith zum Preis in der Sparte Physik.

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Frieden

Für die "Entwicklung des Rechtsprinzips, dass auch Pflanzen Würde besitzen" wurden die gesamte Bevölkerung der Schweiz und speziell ihr Ethik-Komitee für Biotechnologie mit dem Friedens-Ig-Nobelpreis beglückt.

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Medizin

Dan Ariely wurde für seine medizinischen Forschungen bedacht, die den Nachweis brachten, dass teure gefälschte Heilmittel besser wirken als billige.

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Wirtschaft

Geoffrey Miller, Joshua Tyber und Brent Jordan haben sich die Ehrung verdient, weil sie aufzeigten, dass die Trinkgelder von weiblichen Tabledancern vom Menstruationszyklus abhängig sind, und dass sie am höchsten ausfallen, wenn die Tänzerinnen am fruchtbarsten ist.

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Parallelen

In einem trockenen Kommentar auf seiner Internetseite wies "Improbable Research" indessen darauf hin, dass die diesjährige Feier mit einem Ereignis zusammenfiel, das ihr "möglicherweise überraschend ähneln wird": Der Debatte zwischen den beiden Vizepräsidentschaftskandidaten Joseph Biden und Sarah Palin. (red/Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4./5. 10. 2008)

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