Alles ist wie immer eine Frage der Autorenschaft: Mary Ellen Carrolls "Me Like Blacks" in der Galerie Hubert Winter.

Foto: Wolfgang Woessner


Das Werk von Mary Ellen Carroll dreht sich um Fragen der Autorschaft. In der Galerie Winter verschiebt sie unter dem Titel "Semblable" die Begriffe von Autorschaft und Original unter Zuhilfenahme von Fälschungen, Kopien und Doppelgängern.

"Blacks Like Me" steht in blauer Neonschrift an der Wand der Galerie Winter. Mary Ellen Carroll bezieht sich mit dem Schriftzug auf das Buch "Black Like Me" des Journalisten John Howard Griffin, eines weißen Bürgerrechtsaktivisten, der sich Anfang der 1960er-Jahre seine Hautfarbe einfärben ließ, um dann in einem Buch von seinen Erfahrungen zu berichten, die er als "Schwarzer" im Amerika der 1960er-Jahre machte.

In ihrem Projekt, das Carroll 2007 im Rahmen einer Ausstellung zum Thema "Imitation in der Stadt der Imitatoren" in Memphis, Tennessee, realisierte, treibt die Künstlerin den überspitzten Ansatz von Griffin insofern noch einmal weiter, als dass sie auf einem weiteren Neon-Schriftzug "Blacks Like Me" noch einmal in "Me Like Blacks" verkehrt. Zudem sind vier Porträts schwarzer Männer zu sehen, die Carroll in ihrem Buch "All the Men Who Think They Can Be Me" (2003) veröffentlichte.

Carroll "kopiert" aber nicht nur ihre eigene Persönlichkeit, um Fragen nach dem Verhältnis zwischen Original und Kopie, Kunstwerk und Autor zu stellen: Von 1998 bis 1999 hat sie den kompletten "Tristram Shandy" von Laurence Sterne auf ein riesiges Blatt gezeichnet und aus der fertigen Abschrift einen Siebdruck gemacht. Das Original wurde von der Künstlerin zehn Jahre später verbrannt und die Aktion auf Super-8-Film festgehalten. Nun taucht die Asche des Originals in recycelter Form auf einem schwarzen Blatt Papier wieder auf, welches nicht zufällig an die berühmte schwarze Seite in "Tristram Shandy" erinnert. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.10.2008)