Denken Sie an eine beliebige Wahlkampfveranstaltung von HC Strache oder Jörg Haider, die Ihnen aus den vergangenen Monaten in Erinnerung geblieben ist. Und? Fällt Ihnen eine Discotour ein? Ein Beachvolleyball-Turnier? Spielten Gratis-Getränke und Techno-Musik eine Rolle? Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht. Die Chefs von FPÖ und BZÖ haben den vergangenen Wahlkampf zum Tingeln durch diverse mehr oder minder "jugendliche" Lokalitäten genutzt. Mit Erfolg, wenn man die Wahltagsbefragung des Analyseinstituts SORA betrachtet. Bei den Unter-30-Jährigen ist die FPÖ bereits stärkste Partei.
Blaue Jugend
Die Blauen liegen demnach mit 25 Prozent vor der ÖVP mit 23 und der SPÖ mit 21 Prozent. Bei den jungen Männern sind es überhaupt 28 Prozent, die ihr Kreuz bei der FPÖ machen, immerhin 14 Prozent beim BZÖ. "Man muss das mit etwas Vorsicht betrachten", so Eva Zeglovits von SORA gegenüber derStandard.at. Die Abstände zwischen FPÖ, ÖVP und SPÖ seien sehr gering, tatsächlich gebe es drei annähernd gleich starke Parteien. Wenn man aber Haiders BZÖ dazurechnet, ist klar: Das dritte Lager hat es geschafft, die Stimmen der Jugend zu erringen. Das Konkurrenzinstitut GfK sieht die FPÖ bei den Unter-30-Jährigen gar bei 33 Prozent.
"Nicht alle ausländerfeindlich"
Ebenfalls signifikant: Je höher die Bildung, desto geringer der Stimmenanteil für die rechten Parteien. In der oberen Bildungsschicht kommen die Grünen auf ihr insgesamt stärkstes Ergebnis, nämlich 30 Prozent, FPÖ und SPÖ schneiden mit 9 beziehungsweise 12 Prozent bei den höher gebildeten Wählern schlecht ab. "Die Stichprobe ist nicht groß genug, um genaue Zahlen auszugeben, aber man kann sicher sagen, dass diejenigen Jugendlichen, die selber weniger gebildet sind oder aus wenig gebildetem Elternhaus stammen, eher dazu neigen die FPÖ zu wählen", so Zeglovits. Allerdings dürfe man nicht den Fehler machen, alle Strache/Haider-Wähler in einen rechten Topf zu werfen: "Sie sind nicht alle ausländerfeindlich. Aber es irritiert sie offenbar nicht, eine Partei zu wählen, die es ist".
Keine Jugendthemen
Und das, obwohl mit den Grünen eine dezidiert "jugendliche" Partei zur Wahl stand, und obwohl die SPÖ mit Laura Rudas eine junge Frau an prominenter Stelle auf der Bundesliste präsentierte. Was ist da passiert? Laut Zeglovits hat der Wählerstrom der Jungen hin zu den Rechtsparteien mehrere Gründe. Erstens: Die anderen Parteien haben im Wahlkampf nur wenige Themen geboten, die junge Menschen interessieren. "Zukunftsorientierte Themen wie Arbeitssuche, Ausbildung und Bildung haben komplett gefehlt", meint Zeglovits. "Das thematische Angebot für Junge war äußerst dürftig". Dabei seien die Grundfragen, die sich junge Menschen stellen, offensichtlich: Bekomme ich einen Ausbildungsplatz? Finde ich mit meiner Ausbildung einen Job? Wieviel verdiene ich damit?
Zweitens: Die Wahl von FPÖ und BZÖ war für viele ein Ausdruck von Protest gegen die Regierung. Drittens: Strache und Haider haben, so Zeglovits, zumindest symbolisch gezeigt dass ihnen etwas an der Jugend liegt. "Die sind ständig vor irgendwelchen Berufsschulen gestanden, und sie haben nicht irgendein Parteimitglied aus der letzten Reihe hingeschickt - Das kommt an".
Grüne Langeweile
Wieso es die Grünen nicht geschafft haben, Jungwähler zu locken, liegt für Zeglovits ebenfalls am Wahlkampf. "Der grüne Wahlkampf war, man muss es so sagen, ein bisschen langweilig. Eigentlich wiederholen die Grünen seit Jahren den selben Wahlkampf." Bildungs- und Arbeitsmarktthemen seien außerdem so gut wie gar nicht vorgekommen. Ein Fehler, sieht man sich die Ergebnisse der Umfragen an, laut denen Bildung für einen großen Teil der Wähler ein sehr wichtiges oder sogar das wichtigste Thema ist. Für die Grünen gilt außerdem, dass sie eine "Milieupartei" sind, so Zeglovits. Ihre Wähler rekrutieren sie vor allem aus der Bildungsschicht. Außerhalb davon sieht es schlecht aus. Ist auch die FPÖ eine Milieupartei? "Auf gewisse Weise schon", meint Zeglovits. Allerdings seinen die blauen Wähler heterogener als die grünen: Die FPÖ schneidet außer bei den sehr jungen auch bei den sehr alten Wählern gut ab.
Rote Beschwichtigung
Auch die SPÖ konnte bei den Jungen im Österreichdurchschnitt nur wenig punkten. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl kalmierte, bei den Jungwählern hätte seine Partei in Wien die Nase vorne gehabt, ein Problem gebe es nur bei männlichen Lehrlingen. Die seien offenbar "für die einfachen Antworten der FPÖ empfänglich". Man werde aber schon bald "neue Lösungen und Antworten" präsentieren, um auch diese Gruppe zu erreichen. Das wird auch nötig sein, wenn man bei den Wienwahlen einen Erdrutschsieg der FPÖ verhindern will. (Anita Zielina, derStandard.at, 2.10.2008)