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Krönung einmal anders: Bei Dior sitzen den Models Buschtrommeln am Kopf.

Es ist ein Name, der in Paris derzeit besonders glitzert: Jener Nicolas Ghesquières, des Chefdesigners von Balenciaga. Seine Kollektionen gaben in den vergangenen Saisonen die Richtung an, in die sich die Mode entwickelt. Diesmal hüllt sphärisches Blaulicht seine Models in die Schatten der Nacht. Wie von einem anderen Planeten kommend, schreiten sie über den als Computerschaltplan gewebten Bodenteppich. Die Gesichter sind leergeschminkt, silbern überhaucht, die Haare im Nacken straffgebunden. Anzüge sind Spacesuits, aus verschiedenen Materialien zusammengebeamt. Kurze, trompetenartig ausgestellte Trägerkleidchen erinnern an Pierre Cardins Raumfahrtträume aus den Sechzigern. Und zum Finale glitzern silberne Pailettenhüllen zum Disco-Sound.

Am vierten Tag der Pariser Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2009 bricht Ghesquières Modeschau mit der überraschend heiteren Stimmung, die in den vergangenen Tagen geherrscht hat. Die leichtherzige Kollektion von John Galliano für Christian Dior gab den Ton an: Sein Thema heißt Afrika und versteht sich als Huldigung an Frauen als Fruchtbarkeitsidole. Drapierungen betonen die Dekolletés, breite Gürtel die Taillen, und minikurze Wipperöckchen legen Beine in Lido-Länge frei. Und auf allem tummeln sich talergroße Tupfen, ob auf Hemdenjacken oder orangefarbenen Chiffonkleidchen, ob als Buckelnieten an weißem Leder oder als Pailletten auf Strickvolants. Die Krönung aber, durchaus im Sinne des Wortes, sind kleine Buschtrommeln auf dem Hinterkopf der Models.

Einen nicht weniger heiteren Eindruck hinterlässt auch der imaginäre Strandspaziergang an skandinavischer Küste, zu dem Jean Bousquet, der Gründer von Cacharel, anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums einlädt. Der alte Herr lässt es sich nicht nehmen, seine Gäste selbst zu begrüßen. Den Beifall für seine Mode überlässt er aber dem englisch-japanischen Designerduo Eley Kishimoto, die Nils Holgerssons Wildgänse in Marineblau über weiße Blusen und lose Hängerkleidchen fliegen lassen. Mit dichten Spiegeleierpunkten erweisen sie den Mille-Fleurs-Drucken der ersten Stunde ihre Reverenz.

Jubiläen und Strandspaziergänge scheinen in dieser Saison der Designer Pflicht und Kür zu sein. Martin Margiela feiert sein Zwanzigjähriges als Retrospektive auf die Themen, welche seine Mode beeinflusst haben: Oversize und Powerschultern, Trompe-l'OEil, Dekonstruktion und Vice-Versa, was nichts anderes bedeutet, als die Knöpfe einer Jacke im Rücken zu tragen. Zum Finale bewegt sich eine dreistöckige Geburtstagstorte, leider nur auf Stoff gemalt, über den Catwalk, um zu Stevie Wonders Happy-Birthday-Klängen im silbernen Pailettenregen fröhlich unterzugehen.

Nicht ganz so heiter, dafür umso poetischer, verläuft hingegen Yohji Yamamotos Strandlauf. Zu Pianoklängen flanieren auf den flachen Sohlen weißer Leinenschuhe seine Mädchen in Leinenkleidern oder weiten, weißen Röcken unter Schößchenjacken mit Zipfelsaum. Man denkt an Usedom und Von Keyserlincks "Wellen"-Roman. Mit den konsequent schwarzen Sonnenbrillen unterm nachlässig hochgesteckten Haar, sieht es aus, als hätte die Sonne endgültig aufgehört zu scheinen. (Peter Bäldl/Der Standard, Printausgabe 01.10.2008)