Josef, Wladimir und der kleine Mao haben es revolutionär lustig: Sie stehen einig beieinander, ihre putzigen Teufelsflügerln flattern, es knackt das Fegefeuer, sie lesen gemeinsam das Wall Street Journal. Und lachen. Eine Karikatur des schweizerischen Wirtschaftsmagazins Bilanz, an sich wirklich kein Hort des Panzerkommunismus, bringt es auf den Punkt. Der Kapitalismus hat sich selbst so nachhaltig beschädigt, wie es Stalin, Lenin oder Mao nie zusammenbringen hätten können.

Die Freude der drei könnte jetzt noch größer werden, da das US-Rettungspaket im Repräsentantenhaus zunächst abgelehnt worden ist. George W. Bush und sein Finanzminister Henry "Hank" Paulson wollten Banken ihre unverkäuflichen Giftpapiere abnehmen und über den Staat irgendwann doch noch verkaufen.

Doch manchen der Abgeordneten - quer durch die politischen Lager der USA - dürfte gedämmert haben, dass auch dieser Notkauf mit dem Geld der Bürger vielleicht wieder einmal mehr den Bankbilanzen und den Bonuszahlungen der erfolglosen Manager nützen würde als der "echten" Wirtschaft. Und nicht den Millionen Hausbesitzern, die nicht wissen, wie sie die nächsten Raten der ihnen aufgeschwatzten Hypothekarkredite zahlen sollen. Erinnert sich eigentlich noch jemand an das "Konjunkturpaket" der Regierung Bush, das vor nur wenigen Monaten allen Amerikanern Steuerrückzahlungen von insgesamt 150 Milliarden Dollar bescherte? Das Geld ist in den Quartalsbilanzen der Handelskonzerne verpufft, und das war's dann.

Über den gesamten Globus macht sich dennoch Entsetzen breit, seit klar wurde, dass der in der Vorwoche mühsam zwischen Republikanern und Demokraten ausgehandelte "Bailout-Plan" nur mehr Makulatur ist. Die USA wurden aufgefordert, "Verantwortung zu übernehmen" , hieß es etwa seitens der EU-Kommission.

Doch um die wichtigste Weltwährung, das Vertrauen, wieder auf einen hohen Kurs zu pushen, hätte die Schuldenübernahme, sollte sie doch noch durchgebracht werden, alleine ohnehin nicht gereicht - auch wenn der Umfang durch schiere Größe beeindruckt (700 Milliarden Dollar an Kosten entsprechen sieben Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts oder dem Zweieinhalbfachen der Jahreswirtschaftsleistung Österreichs).

Eine der ersten Aktionen des nächsten US-Präsidenten wird wohl sein müssen, die auf ein Dutzend Behörden sowie auf private Firmen zerspragelte - und nunmehr erwiesenermaßen ineffiziente - Finanzmarktaufsicht der USA zu zentralisieren. Auch Europa täte eine gemeinsame Regulierungsbehörde not, wie das jüngste EU-Bankenkrachen zeigt.

Dies wäre Voraussetzung für eine effiziente Weltfinanzbehörde. Denn selbst die größte Wirtschaftsmacht der Welt und auch eine wohlhabende Staatengemeinschaft wie die EU können es sich nicht leisten, immer wieder taumelnde Riesen mit Steuergeldspritzen zu dopen, nur weil sie "too big to fail" sind. Die Deutsche Bank etwa hat Verbindlichkeiten im Wert von 2000 Milliarden Euro. Das ist das Siebeneinhalbfache des österreichischen BIP.

Dem eingangs erwähnten Trio könnte das Lachen wieder vergehen. Eine rigide Weltfinanzaufsicht wäre nicht der posthume Sieg des Kommunismus. Doch ein Karl Marx hatte recht: Von Finanzkapital getriebene Märkte streben immer nach Unvollkommenheit, indem sich die Teilnehmer durch Größe Vorteile verschaffen. Das schadet der Allgemeinheit. Dagegen ernsthaft etwas zu unternehmen, würde dem System noch mehr helfen als Hüftschüsse aus großen Kanonen, geladen mit Steuermilliarden. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Printausgabe, 1.10.2008)