Eine mögliche Wende gab es am Dienstag im Prozess wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang gegen einen 20-jährigen Tiroler. "Bei einer rechtzeitigen, umgehenden Einlieferung ins Krankenhaus und der korrekten Behandlung wäre der Verletzte zu retten gewesen und wäre heute noch am Leben", verlas der Rechtsanwalt eine Aussage eines Innsbrucker Neurologen. Sein Mandant hatte im April 2007 einem 16-Jährigen einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, welcher darauf mit dem Hinterkopf auf den Asphalt aufgeschlagen und später verstorben war.

Der Verteidiger Mathias Kapferer hatte schon in der ersten Verhandlung im März das Krankenhaus Zams belastet und ein medizinisches Gutachten zu dessen Behandlungsmethode gefordert. Am Dienstag hatte er den Gutachter aus Wien zur Erläuterung der Behandlungsmethode am Krankenhaus Zams und einen Oberarzt von der Neurologie an der Innsbrucker Universitätsklinik zur Zeugenaussage beantragt.

Keine schriftliche Dokumentation über Behandlung

"Bei einer 'adäquaten Behandlung' hätte sich der 16-Jährige zwischen 15 bis 20 Prozent 'vollkommen erholt' und überlebt", hieß es in der von Richter Gerhard Melichar verlesenen Expertise des Wiener Mediziners. Die Wahrscheinlichkeit, dass dann eine schwere Behinderung zurückgeblieben wäre, wäre bei bis zu zehn Prozent gelegen. Zwischen 70 und 75 Prozent schätzte der Arzt die Möglichkeit einer Todesfolge ein.

Für den Gutachter seien laut Kapferer "einige Dinge völlig unklar gewesen". "Bis 5,5 Stunden nach der Einlieferung des Patienten gibt es keine schriftliche Dokumentation über die Behandlung", erläuterte der Jurist am Rande der Verhandlung gegenüber der APA. Es sei unklar, welchen Wissensstand die Ärztin bei der Erstaufnahme gehabt habe. Der Mediziner spreche von einem "Fehlverhalten" und einem "ärztlichen Kunstfehler". Die Ärztin sei eine Turnusärztin am Krankenhaus Zams gewesen und habe den anwesenden Oberarzt nicht geholt, beziehungsweise um Hilfe gefragt, sagte der Verteidiger.

Zu der Auseinandersetzung war es am Rande einer Festveranstaltung in der Nacht auf 1. April 2007 gegen 0.30 Uhr auf dem Vorplatz der Hauptschule Zams gekommen. Der Verletzte habe von Anfang an unter Atemnot gelitten und sei am Weg ins Krankenhaus künstlich beatmet worden. Man sei von einer Alkoholvergiftung ausgegangen, der 16-Jährige sei in die Abteilung Innere Medizin gelegt worden. Weder Röntgenaufnahmen noch eine computertomographische Untersuchung seien erfolgt, welche eine Gehirnschwellung mit folgendem Gerinnsel als Todesursache laut Gerichtsmediziner feststellen hätten können, hatte Kapferer im März angeführt. Der inzwischen 20-jährige Angeklagte aus dem Bezirk Landeck hatte sich zum Faustschlag schuldig bekannt, nicht aber zu dessen Folge. Der Prozess wurde von dem Innsbrucker Schöffengericht erneut vertagt. (APA)