Bregenz - Drei große Bauprojekte könnten Bregenz grundlegend verändern: der neue Hafen, das neue Landesmuseum und die Überbauung des Seestadtareals. Die Chance, alle drei Projekte in ein großes Stadtentwicklungskonzept zu packen, wurde nicht genutzt.
Gänzlich fehle die übergeordnete Stadtplanung nicht, sagt der ressortzuständige Vizebürgermeister Gernot Kiermayr (Grüne): "Ich bestreite aber nicht, dass in Bregenz langfristig vorausschauende Planung keine Tradition hat." Man entscheide zu sehr objektbezogen, was auch strukturelle Ursachen habe. Denn "sehr zu meinem Bedauern ist die Dienststelle für Stadtplanung ein Teil der Bauabteilung." Mit Leitbildern für einzelne Stadtteile versucht Kiermayr Stadtraumplanung zu etablieren. Zwei große Studien, eine Außenraumstudie für das Zentrum und ein Verkehrsleitbild, sind geplant und sollen künftige Leitlinien vorgeben. Ihre Realisierung hängt jedoch von den Budgetmitteln ab.

Wesentliche Veränderungen könnte das Verkehrsleitbild bringen: Kiermayr: "Wir brauchen eine grundlegende Entscheidungen über den Rang des Langsamverkehrs." Noch sei Bregenz eine autoaffine Kleinstadt, "da muss man gegensteuern". Entscheidungen, wie die Mobilität der nächsten 20, 30 Jahre aussehen soll, müssten jetzt fallen. Kiermayr: "Das braucht Konsequenz, keine Sonntagsreden." Nachsatz: "Freunde bei den Autofahrern macht man sich da nicht."

Ein Bregenzer Spezifikum ist die starke Verhinderungsmentalität. "Die übliche Methode des Bregenzer Innenstadt-Kleinbürgertums, visionäre Projekte zu sabotieren", umschreibt Kiermayr die rege Unterschriftensammlerei, der bereits zwei Siegerprojekte aus Architektenwettbewerben zur Umgestaltung der Innenstadt zum Opfer fielen.
Das aktuelle Hafenprojekt wurde nach Bürgerwünschen umgezeichnet. Aus Kiermayrs Sicht tat die ÖVP zu viel des Guten. Um eine Wiederholung zu vermeiden, müssten nun genaue Regeln für Bürgerbeteiligung formuliert werden, "an die wir uns dann auch halten müssen." Sein Fazit aus der Hafendiskussion: "Wenn man alle zu allem mitreden lassen will, kommt nur Chaos heraus." (Jutta Berger/DER STANDARD-Printausgabe, 30.9.2008)