Wochenlang ließ Hans Dichand seine Schreibkräfte für Werner Faymann trommeln und dichten, und wenn der dann seinen Kniefall vor dem geistigen Kleinformat am Wahltag in einen Bauchfleck weiterentwickelt - was schreibt Cato am Tag danach? Erraten: Erfolg! Andernfalls hätte er glatt eingestehen müssen, dass die Vorspiegelung personeller Erneuerung in der SPÖ und das Wirken des Trios Schüssel/Molterer/Missethon mindestens ebenso viel zum Halten von Platz eins beigetragen haben wie die tierisch-tumbe Glorifizierung Faymanns auf Dichands Geheiß zum schlechtesten Ergebnis der SPÖ seit 1945. Da ein solches Eingeständnis auf das geschäftsschädigende Geständnis hinausliefe, so groß ist der Herausgebereinfluss auf die öffentliche Meinung nicht, dass sich Politiker ihm unterwerfen müssten, legt sich Cato das Debakel Faymanns als Erfolg der "Krone" zurecht, in der Erwartung, ein österreichischer Politiker würde schon nicht gescheiter werden und weiter an seine Macht glauben.

Dann, aber nur dann, wird es Faymann auch schaffen, Österreich auf einen guten und erfolgreichen Weg zu bringen, vorausgesetzt natürlich, dass über wichtige EU-Fragen Volksabstimmungen durchgeführt werden. Werner Faymann hat es als SPÖ-Parteiobmann gewagt, die Sozialdemokraten zu einer Änderung ihrer Haltung zu veranlassen und auf "Krone"-Linie zu bringen, was zwar mit Molterers "Es reicht!" zur Initialzündung eines überflüssigen Wahlkampfes geführt, in diesem aber kaum eine Rolle gespielt hat. Der Kotau vor dem Onkel konnte den Verlust von zehn Mandaten nicht verhindern, wie viele er gerettet haben könnte, bleibt im Bereich des Mystischen.

Dichand weiß das natürlich genau, und um es auch durchblicken zu lassen, durfte sein alter Mitkämpfer Hans Mahr zuvor unter dem packenden Titel Heute ist Wahltag! über die Begrenztheit von Medienmacht und die Grenzenlosigkeit der Meinungsfreiheit in der Redaktion der "Krone" räsonieren. Jo, derfen s' denn des, die "Krone"-Leute? Eine Meinung haben und die im Blatt auch noch vertreten? Und in einer Einsicht, die aus interner Kenntnis schöpft, beantwortet Mahr seine Frage: Sie dürfen nicht nur, sie müssen sogar - wenn einer im Vorhof der Macht auf den Knopf drückt, aber auch wenn's der Anti-"Kronen Zeitung"-Liga gar nicht passt. In diesem eher belanglosen Fall dürften sie sogar. Dann haben alle dieselbe Meinung, denn meinungslose Journalisten und harmlose Herausgeber sind das Letzte, was Zeitungen brauchen.

Auch einen angemessenen Vergleich aus der großen Welt der Medien hatte Mahr bereit: Von der "New York Times" bis zum "Wallstreet Journal" bekennen sich die Blätter zu ihrer Wahl. Da darf die "Krone" natürlich nicht fehlen, auch wenn das Bekenntnis zu ihrer Wahl etwas deutlicher nach dem Führerprinzip zustande kommt als an der Wallstreet. Dabei ist diese so genannte Medienmacht, selbst wenn sie die größte Zeitung dieses Landes betrifft, ohnehin begrenzt. Deshalb braucht sich auch niemand vor der Macht der Medien, auch nicht der "Kronen Zeitung", zu fürchten. Die Wählerinnen und Wähler sind mündig genug, ihre eigene, ihre ganz persönliche Wahlentscheidung zu treffen.

An der Mündigkeit der Wählerinnen und Wähler zu zweifeln besteht in diesem Zusammenhang weniger Grund, deren Meinungen lassen sich bestenfalls verstärken oder abschwächen, wie Mahr sich auf ein bekanntes Phänomen der Medienkommunikation beruft. Aber die Politiker, deren Ausgang aus selbstverschuldeter Unmündigkeit von der "Krone" systematisch hintertrieben wird - denen hätte Dichands Kommunikationsbeauftragter Mahr seine Binsenweisheiten vor vier Monaten vortragen müssen. Wer weiß, dann wäre uns dieser dieser Wahlkampf vielleicht erspart geblieben, und die Koalitionsparteien könnten sich noch heute Großparteien nennen.

Immer gut für gehaltvolle Aufklärung ist der Chefredakteur der "Presse". Mit der ÖVP ist kein Staat mehr zu machen, erklärte er seinen Lesern Montag das Wahlergebnis. Samstag hat er das noch nicht gewusst. Da schrieb er: Wer Skrupel und Vernunft schätzt, wählt ÖVP und Grüne. Umso besser durchschaut er nun die Misere der ÖVP. Schon allein der Umstand, dass sich mediokre Figuren wie ein Ferry Maier am Wahlabend über eine Niederlage öffentlich lustig machen, zu der sie selber durch ihre schiere Existenz einen wesentlichen Beitrag geleistet haben, zeigt, dass mit dieser Partei auf absehbare Zeit kein Staat mehr zu machen sein wird. Alles klar. (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 30.9.2008)