Standard: Sie waren Vorsitzender im Personenkomitee für Wilhelm Molterer. Was muss jetzt passieren?

Fischler: Tief durchatmen und keine überhasteten Entscheidungen. Zu glauben, das war ein Betriebsunfall, und wenn man statt Gusenbauer-Molterer zum Beispiel Faymann-Pröll regieren lässt, dann ist das Problem gelöst, wäre eine Täuschung. Ich glaube, dass eine Fortführung der großen Koalition ohne wirklich neue Perspektiven dazu führt, dass der nächste Bundeskanzler durchaus Herr Strache heißen könnte. Und ich möchte nicht in einem Österreich mit einem Kanzler Strache leben.

Standard: Heißt neue große Koalition - Molterer weg?

Fischler: Ich bin nicht grundsätzlich gegen neue Personen, ich bin aber auch gegen eine Rübe-ab-Politik. Das sind am Ende des Tages alles Alibi-Handlungen. Man sollte prüfen, dass eine Dreier-Koalition, in die man die Grünen mit hereinnimmt, Sinn macht, weil Rot-Schwarz-Grün eine Verfassungsmehrheit hätte. Es gibt ja viele große Projekte wie zum Beispiel die Bundesstaatsreform, wo man auf jeden Fall eine Verfassungsmehrheit braucht. Neue Perspektive heißt große Projekte, und da die große Koalition auch keine großartige Mehrheit hat, ist auch über solche Dinge nachzudenken.

Standard: Wäre Josef Pröll ein guter neuer ÖVP-Obmann?

Fischler: Ich halte von Josef Pröll sehr viel, er ist ein guter Freund von mir. Aber ich gebe keine konkrete Empfehlung.

Standard: Was sagen Sie zum Zuwachs des dritten Lagers?

Fischler: Mir fällt auf, dass es sich dabei um ein Lager handelt, das sehr stark mit traditionell sozialdemokratischen Argumenten arbeitet, was die Wirtschaft betrifft, also extrem rechte Politik mit linken Argumenten. Das ist eine Einmaligkeit, die nur noch mit Italien vergleichbar ist, wo Berlusconi oder die Faschisten etwas Ähnliches versuchen. Bedenklich ist auch, dass die, die am stärksten für Europa eingetreten sind, Grüne und ÖVP, am stärksten verloren haben. Es war sicher ein Fehler, vor lauter Teuerungsgewäsch die essenziellen Wirtschaftsfragen - Beschäftigung oder drohende Rezession - zu vernachlässigen.

Standard: Ist für Wolfgang Schüssel noch Platz in der VP?

Fischler: In der ÖVP auf jeden Fall, in einer Regierung nicht. Das sogenannte System Schüssel ist gewissermaßen am Prüfstand gestanden und hat keine Zustimmung gefunden. Ob dieses System tatsächlich existiert oder nur Fiktion war, ist egal, es ist auf jeden Fall ein Problem. (DER STANDARD Printausgabe 30.9.2008)