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Der ORF muss seine Prognose revidieren.

Foto: APA/Schneider

Zwei Wochen vor der Wahl dementierte der Küniglberg noch STANDARD-Infos über Budgetlücken von rund 40 Millionen Euro für 2008. Montagabend bestätigte der ORF: 32,6 Millionen unter Plan, 60,5 Millionen Verlust.

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Wien - 4,9 Millionen Euro Finanzergebnis im ersten Halbjahr, weniger als die Hälfte von 11,5 Millionen ein Jahr zuvor: Das ließ der ORF verlauten, als der STANDARD am 15. September nach einbrechenden Finanzergebnissen fragte. Das war vor der Nationalratswahl. Auch den Stiftungsräten verweigerte die Anstalt bei ihrer Klausur am 13. September Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal dieses Jahres. Dabei sollte sich die Klausur mit mittelfristigen Strategien und Finanzplanung beschäftigen.

60,5 Millionen Euro Miese

Am späten Montagnachmittag, am Tag nach der Wahl, sandte der ORF den Quartalsbericht seinen Räten. Über eine "höchst besorgniserregende finanzielle Situation", sagte ein Stiftungsrat dem STANDARD. Parallel lancierte der ORF die Daten offenbar am frühen Abend über die APA: 27,9 Millionen Euro Minus hatte der ORF für heuer geplant und das mit Großereignissen wie EURO und Olympischen Spielen begründet. Diese Planzahl dürfte er nun nach eigenen Prognosen um gleich 32,5 Millionen Euro verfehlen: 60,5 Millionen Euro Miese stehen nun in der Vorschau.

Begründung: Die Krise der US-Investmentbanken und der Zusammenbruch von Lehman Brothers. Statt geplanter 40,3 Millionen Finanzerfolg erwartet die Spitze des Küniglbergs nun nur noch 28,1 Millionen Euro. Inzwischen liegen die Finanzanlagen des ORF 12,5 Millionen unter Plan.

Werbung unter Plan

Zudem liegen die Werbebuchungen 7,4 Prozent beziehungsweise 21,8 Millionen Euro unter Plan. Sie sollen nun nur noch 274,6 Millionen Euro betragen.

Statt geplanter 915 Millionen Euro soll der ORF nun 2008 insgesamt 896,3 Millionen Euro umsetzen.

Die Finanzrücklagen beziffert der ORF mit 418 Millionen Euro. Das negative Ergebnis werde aus vorgetragenen Bilanzgewinnen und freien Rücklagen "abgedeckt", teilte die Anstalt ihren Räten mit. Danach werde das Eigenkapital zum Jahresende 209,6 Millionen betragen, noch ohne die vom Rechnungshof beanstandeten stillen Reserven von gut 100 Millionen.

Minus hilft bei Politik

Die dramatischen Zahlen kommen dem ORF durchaus gelegen: Sie unterstreichen die Forderung von ORF-Chef Alexander Wrabetz, die nächste Regierung möge ihm doch bitte endlich die Befreiungen von Rundfunkgebühren abgelten. Das brächte der Anstalt nach deren Berechnungen rund 57 Millionen. Bund und Länder schlagen mehr als 200 Millionen Euro auf die Rundfunkgebühren auf, Wrabetz will möglichst viel davon für den ORF. Und er will acht Minuten mehr Werbezeit pro TV-Kanal und Tag. In so "besorgniserregenden" Lagen rutschen ORF-Wünsche leichter in Regierungsprogramme. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 30.9.2008)