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Den effektivsten Schutz vor Hepatitis B bietet laut Medizinern die Schutzimpfung. Mithilfe einer Titer-Bestimmung im Blut kann man herausfinden, ob eine erneute Impfung notwendig ist.

 

 

Foto: APA/dpa/Boris Roessler

"Hepatitis B ist die weltweit häufigste Virusinfektion, 100 Mal ansteckender als das AIDS-Virus HIV. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass weltweit etwa 350 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis B infiziert sind", sagt der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) Friedrich Renner von der Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, in Ried im Innkreis.

Allein in Österreich werden nach den Angaben des "Infektionsnetz Österreich" jährlich zwischen 1.000 und 1.500 Menschen neu infiziert. Und sie sind einem erheblichen Risiko ausgesetzt, so Renner: "Wird die akute Hepatitis-Infektion chronisch, drohen Spätfolgen wie Leberzirrhose, Leberzellkarzinom, Leberversagen und Tod."

Hohe Ansteckungsgefahr durch Sex

Die Übertragung des Hepatitis B Virus erfolgt durch Speichel, Urin, Blut, Vaginalschleim oder Sperma, wobei die Ansteckungsgefahr auf sexuellem Weg besonders hoch ist. "Frauen haben ein erheblich höheres Infektionsrisiko als Männer", warnt Renner. "Ein Beispiel dafür, wie hoch ansteckend das Hepatitis B Virus ist: Für die Übertragung über Blut und Speichel genügt häufig der Kontakt mit Gegenständen wie Handtuch oder Rasierapparat, wenn diese von Virusträgern benützt wurden."

Von der akuten zur chronischen Hepatitis B

Das hoch infektiöse Hepatitis B Virus greift die Leberzellen an, vermehrt sich, und löst nach einigen Tagen bis Wochen eine akute Hepatitis B aus. Bei 90 Prozent der von akuter Hepatitis B Betroffenen heilt die Infektion innerhalb eines halben Jahres wieder aus. Dauert die akute Hepatitis B länger als sechs Monate, wird sie als chronisch eingestuft und führt in aller Regel zu einer lebenslangen Infektion. Das Problem bei der chronischen Hepatitis B, so Renner: "Die möglichen Symptome wie Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Gelenkbeschwerden oder Gelbsucht treten mitunter erst spät auf, doch bis zum Auftreten solcher Beschwerden kann die Leber, in der sich das Virus einnistet und wo es sich vermehrt, bereits irreversibel geschädigt sein.

Tödliche Folgeerkrankungen

Das Endstadium einer chronischen Infektion mit dem HBV ist die Leberzirrhose, aus der sich auch Leberkrebs entwickeln kann. 15 Prozent der chronisch Erkrankten sterben an den Folgekrankheiten." Doch kann auch die akute Hepatits B tödlich sein. Die so genannte fulminante Hepatits, die in 50 bis 80 Prozent der Fälle tödlich ist, betrifft in Österreich geschätzte 30 bis 40 Menschen im Jahr, häufig Frauen. Ungeschützter Sexualverkehr etwa in südlichen Urlaubsländern spielt hier eine große Rolle.

Frühe Diagnose und Behandlung verbessert Prognose

In Anbetracht der vielen noch unentdeckten Erkrankten, des Risikos einer Ansteckung weiterer Menschen, und der schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit müsse dem Themenkreis Hepatitis in Zukunft besondere Aufmerksamkeit gelten, so ÖGGH-Präsident Renner: "Je früher man die Erkrankung erkennt und behandelt, desto höher sind die Chancen, eine starke Virusvermehrung zu verhindern. Bei geringer Viruslast ist die Prognose günstiger, eine hohe Viruslast lässt so gut wie immer eine ernst zu nehmende fortschreitende Leberentzündung erwarten."

Wirksame moderne Therapien

"Die Medikamente, die derzeit zur Behandlung der Hepatitis B zur Verfügung stehen, können die Infektion zwar in vielen Fällen nicht endgültig ausheilen, ihr Ziel ist es aber, das Ausmaß der Entzündung in der Leber durch Reduktion der Viruszahl im Blut möglichst zu verringern und das Virus in einen 'Winterschlaf' zu versetzen", beschreibt Markus Peck, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin III, AKH Wien, den therapeutischen Zugang.

Derzeit gibt es im Wesentlichen zwei Therapieoptionen zur antiviralen Behandlung der chronischen Hepatitis B. Für eine bestimmte Gruppe von Patienten kommt seit Jahren in erster Linie pegyliertes Interferon-a zur Anwendung, das eine Immunstimulation bewirkt. "Der Nachteil dieser Therapie liegt darin, dass sie mindestens sechs bis zwölf Monate in Form einer Spritze verabreicht werden muss, nur bei rund 30 Prozent der Patienten das Therapieziel erreicht und außerdem nicht frei von Nebenwirkungen ist", so Peck.

Seit kurzem am Markt

Die zweite Medikamentengruppe sind die Nukleosidanaloga, die eine Virusvermehrung verhindern. "Sie sind allgemein gut verträglich, und zeichnen sich durch eine im Vergleich zu Interferon-a starke antivirale Potenz aus", sagt Peck. "Besonders zuverlässig setzt die Wirkung bei Medikamenten der neuesten Generation dieser Wirkstoffgruppe ein, die seit kurzem auf dem Markt sind.

Normalisierung nach einigen Jahren

Diese neuen Therapeutika ermöglichen eine schnelle und effektive Hemmung der Virusvermehrung und eine Absenkung der Virusmenge im Blut sowie eine Normalisierung der erhöhten Leberwerte." Nach etwa fünf Jahren sei der Gesundheitszustand bei bis zu 40 Prozent der Hepatitis B-Patienten als stabil einzuschätzen, auch wenn keine weiteren Medikamente eingenommen werden. "Zusätzlich kommt es trotz der jahrelangen Einnahme weniger häufig zu Resistenzen als bei den Nukleosidanaloga der älteren Generation. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass diese Medikamente wenn nötig auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden können", zählt der Experte weitere Vorteile auf.

Informationsdefizit der Bevölkerung

Der weiten Verbreitung von HBV-Infektionen und ihren gesundheitlichen Risiken stehen erhebliche Informationsdefizite gegenüber, weiß Renner: "Nach den Angaben des Informationsnetz Österreich weiß nur die Hälfte der österreichischen Bevölkerung, dass Hepatitis B von Mensch zu Mensch übertragen wird." Anlässlich des Internationalen Hepatitis Awareness Tages (1. Oktober 2008) starten die ÖGGH (Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie) und die Österreichische Hepatitis Liga eine Informations-Offensive. Ein neuer Folder, der auf deutsch, englisch, bosnisch-kroatisch-serbisch, türkisch und rumänisch verfügbar ist, informiert über Infektionswege, Symptome, Krankheitsverlauf und Therapieoptionen.

Die Verfügbarkeit der Information auch in Migranten-Sprachen ist schon deshalb von Bedeutung, weil spät diagnostizierte Hepatitis-B-Infektionen mit fortgeschrittener Lebererkrankung vor allem bei Personen mit Migrationshintergrund beobachtet werden, sagt Peck. "Gerade bei diesen Bevölkerungsgruppen ist daher gezielte Aufklärung und Screening besonders wichtig, etwa durch Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft oder durch konsequente Abklärung von erhöhten Leberwerten durch den Hausarzt." (red)