Karl über die Abstimmung im Parlament: "Habe bis zuletzt auf ein Einlenken gehofft."

Foto: ÖVP/Bettina Mayr-Siegl

"So viele Erfolge sind weg, das tut richtig weh." Beatrix Karl, die neue Wissenschaftssprecherin der ÖVP, hat bei der Debatte um die Studiengebühren bis zuletzt auf ein Einlenken im Parlament gehofft. Ihr spontan eingebrachter Antrag zur Durchführung einer Volksabstimmung über die Abschaffung der Studiengebühren wurde abgelehnt. 108 Abgeordnete stimmten bei der namentlichen Abstimmung dagegen, nur 72 dafür. Warum sie trotzdem damit rechnet, dass Studierende bald wieder zahlen müssen, und mit wem sie gerne koalieren würde, erzählte Karl Elisabeth Oberndorfer.

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derStandard.at: Sie haben in der Parlamentssitzung mit einem Antrag für eine Volksabstimmung zu den Studiengebühren überrascht. Warum haben Sie diesen Vorschlag nicht früher angekündigt?

Karl: Es ist uns darum gegangen, die vielen Reaktionen, die es auf dieses Uni-Paket zu berücksichtigen. Die Universitätskonferenz hat vor einigen Tagen den Nationalrat aufgefordert, nicht zuzustimmen. Wir wollten einfach Zeit haben, über diesen Antrag zu diskutieren. So ist das jetzt aber eine Husch-Pfusch-Aktion.

Wir haben bis zum letzten Moment auf ein Einlenken gehofft. Natürlich mussten wir über eine mögliche Volksabstimmung auch erst intern diskutieren. Und die gestrige Sitzung war ja der erstmögliche Termin, diesen Vorschlag einzubringen.

derStandard.at: Die Volksabstimmung wurde jedoch von der Mehrheit im Parlament abgelehnt. Warum haben Sie nicht davor schon um Unterstützung geworben?

Karl: Es hätte ja jeder, der davon überzeugt ist, zustimmen können. Andere reden ja auch dauernd Volksabstimmungen, aber wenn es darum geht, sie zu beschließen, meldet sich niemand. Die SPÖ will ja auch immer Volksabstimmungen.

Wir haben nicht damit gerechnet, dass die anderen Parteien so auf stur schalten, obwohl es so große Kritik an dem Antrag von SPÖ, FPÖ und Grüne gab.

derStandard.at: Wird die Einführung der Studiengebühren für die ÖVP zur Koalitionsbedingung?

Karl: Ja, das ist eine Koalitionsbedingung. Weil es uns hier um die Betroffenen geht.

derStandard.at: Bei den vergangenen Koalitionsverhandlungen hat die SPÖ in dieser Frage nachgegeben. Wie hoch schätzen Sie ihre Chancen?

Karl: Ich rechne damit, dass die Studiengebühren bald wieder eingeführt werden. Natürlich verbunden mit einem guten Förderungssystem, das sozial treffsicher ist. Dann bekommen jene, die es sich nicht leisten können, den Betrag auch refundiert.

derStandard.at: Sollte es zu einer Wiedereinführung der Studiengebühren kommen, wird dann auch der Betrag erhöht?

Karl: Nein, eine Beitragserhöhung planen wir nicht. Im Moment geht's nur um die Wiedereinführung.

Ein Thema, worüber wir auch diskutieren müssen, sind die Zugangsbeschränkungen. Die haben wir ja nicht aus Jux und Tollerei eingeführt. Vor allem die Med-Unis kommen dadurch in Bedrängnis. Dort hat sich die Dropout-Quote extrem verringert, und die Wartelisten wurden abgebaut. So viele Erfolge sind weg, das tut richtig weh.

derStandard.at: Welchen Koalitionspartner würden Sie sich aus Sicht der Wissenschaftssprecherin wünschen?

Karl: Die Grünen. Denn Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald lehrt ja selbst an der Uni und kann deshalb seine Erfahrungen gut einbringen.

derStandard.at: Und welchen Koalitionspartner wünschen Sie sich persönlich?

Karl: Da finde ich ebenfalls eine schwarz-grüne Koalition sehr spannend und reizvoll. (Elisabeth Oberndorfer/derStandard.at, 25. September 2008)