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 "Das Land zuerst", sagte McCain auf CBS News.

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Die letzten Vorbereitungen vor dem ersten TV-Duell. 

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John McCain: "Lasst uns die Politik beiseite stellen"

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Angesichts der gespannten Wirtschaftslage wollte John McCain das erste TV-Duell der Präsidentschaftskandidaten am Freitag verschieben. Barack Obama lehnte ab, die Wähler hätten ein Recht auf die Debatte und traf den Nerv der Bevölkerung damit besser. Auf Druck der Öffentlichkeit relativierte McCain am Donnerstagabend seine Verschiebungspläne und gab sich unabkömmlich aber kooperationsbereit: Er hoffe, dass morgen eine Lösung der Finanzkrise schon in Sicht sei, damit er auch tatsächlich zur Debatte nach Oxford kommen könne, aber hier gelte das Prinzip "das Land zuerst", sagte er auf CBS News.

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Ein Hagel von Pflastersteinen, Büchsen und Bierflaschen empfängt den Konvoi der Nationalgarde, als er sich dem Campus der Ole Miss nähern. Aus einem Internatsfenster baumelt eine Stoffpuppe, um den Hals ein Stück Pappe, auf das ein Rassist gekritzelt hat: "Geh zurück nach Afrika, wo du hingehörst." James Meredith kann keinen Schritt tun, ohne dass ihn behelmte Polizisten eskortieren. Er nimmt es auf sich, er schreibt Geschichte. 1962 ist er der erste Schwarze, der an der Ole Miss studiert, der Vorzeigeuniversität des Bundesstaats Mississippi, einer der letzten Bastionen südstaatlichen Rassendünkels, angesiedelt in einer Kleinstadt namens Oxford.

46 Jahre später erlebt das amerikanische Oxford, viel provinzieller als sein englisches Vorbild, seine nächste Premiere. Mit Barack Obama kommt der erste Politiker dunkler Hautfarbe, den eine große Partei als Bewerber fürs Weiße Haus aufgestellt hat. "Der Anfang" steht auf rot-weiß-blauen Plakaten, doch damit ist nicht der historische Durchbruch gemeint. Gemeint ist schlicht, dass in Oxford, Mississippi, die erste von drei Präsidentschaftsdebatten steigt.
Debattiert wurde bereits im Vorfeld, und zwar ausgesprochen heftig. Es ging nicht um Geschichte, sondern um Kamerawinkel und Zeitlimits und die Frage, ob die Kandidaten an einem Pult stehen oder in einem Sessel sitzen sollen. Wochenlang verhandelten Emissäre Obamas und John McCains um die scheinbar nebensächlichsten Details. Am Mittwoch dann wollte McCain das Duell wegen der Kalamitäten auf den Finanzmärkten verschieben und unterbrach seinen Wahlkampf. Obama lehnte ab: "Es ist die Zeit, in der die Amerikaner etwas von uns hören wollen."

Rangeleien um die Themen

Es ist das erste Mal, dass sie im direkten Wortduell aufeinandertreffen, diese beiden völlig unterschiedlichen Charaktere, der zum Aufbrausen neigende Vietnam-Veteran und der coole Juraprofessor. Nach langen Rangeleien steht fest, in welcher Reihenfolge die Themen abgearbeitet werden. Als Erstes ist die Weltpolitik an der Reihe, als Letztes die Lage der Wirtschaft, das Thema, das dem Wahlvolk angesichts der Finanzkrise am meisten unter den Nägeln brennt. Es gibt Kommentatoren, die daraus einen leichten Vorteil für Obama herauslesen. Im Hagel der Hiobsbotschaften der Wall Street wirkte er zuletzt kompetenter, nervenstärker als sein Rivale, der einmal geradeheraus zugab, von Wirtschaft nichts zu verstehen.

Allerdings lehrt ein Blick in die Vergangenheit, dass solche TV-Gefechte manchmal gar nichts entscheiden. Und wenn sie den Ausgang des Rennens beeinflussen, dann meist in dem Moment, in dem ein Kandidat ins Fettnäpfchen tritt oder televisionstechnisch patzt. 1960 etwa kam Richard Nixon, erkennbar wenig mit den Eigenheiten des jungen Mediums vertraut, schlecht rasiert ins Studio. Er wirkte grau und müde, während sein Konkurrent John F. Kennedy so frisch aussah, wie er politisch daherkommen wollte.

Von Obama weiß man, dass er sich anfangs schwertat mit dem Format der TV-Diskussion. So brillant er die große Rede beherrscht, das Streitgespräch ist nicht sein Metier. Wo Moderatoren schnelle Antworten erwarten, wägt er allzu sorgfältig ab. McCain dagegen scheint aufzublühen, sobald die Fetzen fliegen. Der Mann, der den "Straight Talk Express" zu seinem Markenzeichen erhob, versteht sich darauf, Dinge zuzuspitzen. Hunderte seiner geliebten Town-Hall-Meetings, bei denen er Fragen des Publikums aus dem Stegreif beantwortet hat, waren ein gutes Training. McCains Achillesferse: Oft wirkt er zu unbeherrscht, nie weit entfernt vom verhängnisvollen Fauxpas. (red, DER STANDARD, Printausgabe, 26.9.2008)