Die Korruption bleibt ein Krebsübel in den demokratischen Gesellschaften. Deshalb ist es zu begrüßen, wenn ein Regierungschef wie Olmert in Israel endlich seinen Hut nehmen muss. Ebenso muss man begrüßen, dass die Wähler in Slowenien die Korruptionsvorwürfe in Zusammenhang mit einem finnischen Rüstungskonzern nicht auf die leichte Schulter nahmen und so nach der Bildung einer neuen Regierung vielleicht doch eine Untersuchung über die angebliche Verteilung von 21 Mio. Euro an slowenische Politiker/Beamte eingeleitet werden könnte.

Das Korruptionsbarometer Transparency Index zeigt, dass fast 20 Jahre nach dem Systemwechsel die postkommunistischen Reformstaaten noch immer vorrangige Opfer der aktiven und passiven Bestechung sind. Das gilt unter anderem auch für Ungarn, Kroatien und die Slowakei. Wegen Korruptionsvorwürfen musste bereits vor einiger Zeit ein kroatischer Außenminister zurücktreten, in der slowakischen Politik gab es ähnliche Fälle.

In Ungarn werden bereits seit Jahren die gegenseitigen Korruptionsvorwürfe, in erster Linie zwischen den zutiefst verfeindeten Sozialisten und den rechtskonservativen Fidesz-Leuten, als Bestandteile des politischen Machtkampfes betrachtet. Im Zusammenhang mit dem österreichischen Wahlkampf beschäftigen sich jetzt die ungarischen Medien wieder einmal mit den glänzenden Geschäften, die der Multimillionär Hans Peter Haselsteiner mithilfe der Beratungsfirma Eurocontact in den letzten Jahren in der ungarischen Baubranche gemacht hat. Der am Dienstag zurückgetretene Chef des Liberalen Forums, Alexander Zach,war nicht nur insgeheim Lobbyist für einen Rüstungskonzern, sondern bis 2006 auch Miteigentümer und Geschäftsführer (zusammen mit dem früher als Generalsekretär beim LIF tätigen Zoltan Aczel) der höchst profitablen Firma Eurocontact.

Zur Unterstützung der Demokratie" (Haselsteiner) bzw. "aus europäischer Solidarität" flossen zwischen 2003 und 2006 mehrere Milliarden Forint (1 Euro=250 ft) vor allem an die Liberalen (SzDSz), die seit 2002 bis zu ihrem kürzlichen Ausscheiden aus der Koalitionsregierung das für Großaufträge primär zuständige Wirtschaftsministerium kontrolliert haben. Finanzielle Unterstützung durch Eurocontact bekamen indirekt auch die Sozialisten, ja sogar ein rechtsnationaler Fidesz-Politiker.

Die Liberalen in Ungarn haben ihr Ansehen indessen durch interne Machtkämpfe vollends verspielt. Ein politischer Hasardeur an der Parteispitze und ein Multimillionär als Chef der Kleinpartei kämpfen jetzt um die Macht. Die auf liberale Unterstützung angewiesene sozialistische Minderheitsregierung ist deshalb ständig vom Sturz bedroht. Neuwahlen würden aber das Ende der Liberalen bedeuten.

Die höchst profitablen Kontakte zwischen den früheren SzDSz-Würdenträgern in Budapest und den geschickten als liberale Politiker getarnten Lobbyisten des reichen Kärtner Bauunternehmers mit politischen Ambitionen sind für beide Seiten peinlich. Die Bestechungsanzeige des EU-Abgeordneten Hans Peter Martin könnte allerdings auch in Ungarn zur überfälligen Enthüllung des Korruptionsskandals um die Großaufträge an Haselsteiners Strabag beitragen. (Paul Lendvai, DER STANDARD, Printausgabe, 25.9.2008)