Bild nicht mehr verfügbar.

Fanandrang beim Fußballfest: Die Europameisterschaft mobilisierte in Österreich über zwei Millionen Fans. Deren Geldbörsen waren dabei deutlich öfter Beute von Taschendieben

Foto: APA

Einige Delikte wie Taschendiebstahl wurden in Österreich im EURO-Juni eklatant öfter begangenen, zeigt der interne Sicherheitsmonitor der Polizei. Bekannt gegeben wurde das vom Innenministerium nie – Von Michael Möseneder

Wien – Was am Montag noch undenkbar schien, wurde am Mittwoch möglich: Die Polizei gewährte einem kleinen Journalistenkreis Einblick in die interne Datensammlung über die Kriminalität, den sogenannten Sicherheitsmonitor. Die Überraschung: Diese Zahlen zeigen für die ersten acht Monate des Jahres sogar einen deutlicheren Rückgang als die offizielle Kriminalstatistik. Die Mutmaßungen, die beiden Auswertungen würden diametral entgegengesetzte Entwicklungen zeigen, sind damit ad absurdum geführt.

Gleichzeitig offenbart der Sicherheitsmonitor aber Erstaunliches über den vergangenen EURO-Juni. Dieser war nämlich ganz offensichtlich beileibe nicht der kriminell unauffällige Monat, als der er bisher hingestellt worden ist. Denn in einigen Deliktsbereichen gab es einen eklatanten statistischen Sprung nach oben.

Am 29. Juni, bei der Abschlusspressekonferenz zur EURO-Sicherheitslage mit Erik Buxbaum, damals Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, war das so nicht zu hören. Es seien friedliche Spiele gewesen, die Kriminalität sei nicht auffällig gestiegen.

Sicherheitsmonitor liest Taschendiebstahl anders

Im Sicherheitsmonitor liest sich das etwas anders. Gibt man dort das Schlagwort Taschendiebstahl ein, zeigt sich, dass im Juni 2008 gleich 870 Menschen mehr ihre Geldbörse unbemerkt abhandenkam als im Juni 2007, was eine Steigerung von 25 Prozent bedeutet. Das gleiche Bild findet sich beim Trickdiebstahl (plus 20 Prozent) und auch beim Raub (55 mehr Opfer als im Jahr zuvor, plus 18 Prozent).

Tagesaktuelles Analysewerkzeug für die Polizei

Eine exakte Statistik ist der Sicherheitsmonitor natürlich nicht, dient er doch als tagesaktuelles Analysewerkzeug für die Polizei. Die Beamten tippen zunächst jede Anzeige in den Computer, auch wenn diese sich später als unbegründet herausstellt. Zusätzlich können einzelne Delikte detaillierter aufgeschlüsselt werden, etwa um Planungen von Streifendiensten zu verbessern.

Nachträgliche Eintragungen

Trotz dieser Unschärfen lassen sich Trends ablesen – ein Fünftel oder gar ein Viertel mehr Anzeigen als im Jahr zuvor ist ein so deutliches Plus, dass man kaum von einem üblichen Schwankungsbereich ausgehen kann, selbst wenn man zugesteht, dass Ende Juni noch nicht die endgültigen Zahlen vorgelegen sind, da es nachträgliche Eintragungen gegeben hat.


Wie viele davon es beispielsweise in Wien gegeben hat, wird nicht verraten. Bis zum Finaltag am 29. Juni wurden intern 2618 Taschendiebstähle gezählt, 60 Prozent aller in Österreich angefallenen Delikte. Es habe in diesem Bereich "einige" Nachträge im Juli gegeben, sagt Polizei-Vizepräsidentin Michaela Pfeifenberger. Mehr dürfe sie aus Datenschutzgründen nicht sagen. Ob diese Korrekturen die Versicherung des Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl zum EURO-Ende, es habe nur "geringfügige" Steigerungen bei Taschendiebstahl gegeben, bestätigt haben oder nicht, bleibt so offen. (Michael Möseneder/DER STANDARD Printausgabe 25.9.2008)