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Paul Gludovatz in Aktion. Der Trainer von Ried ist natürlich für die Taktik verantwortlich, er sagt aber auch: "Ich bin auf die Hilfe des Betreuerstabs angewiesen. Allein geht gar nichts."

Foto: Reuters/Zolles

Standard: Mischt der "alte Herr Gludovatz" die Bundesliga auf?

Gludovatz: Sicher nicht. Außerdem bin ich ein Jungtrainer, ich habe gerade zehn Liga-Partien absolviert. Ein Jungspund sollte immer schön bescheiden bleiben.

Standard: Trotzdem. Ried hat gezeigt, wie man gegen Meister Rapid auswärts 1:1 spielt und daheim 1:0 gewinnt. Sie werden für Ihre Taktik hoch gelobt, als Fuchs bezeichnet.

Gludovatz: Was ist Taktik? Es ist das Abwägen der eigenen Stärke- und Schwäche-Profile mit jenen des Gegners. Rapid hat einen leichten Hänger, wir haben eben das richtige Rezept gefunden. Aber gegen die Großen ist es immer einfacher. Da werden zusätzliche Kräfte mobilisiert, der Kleine stößt in die Grenzbereiche vor. Aber er darf nie vergessen, dass er nach wie vor auf einem wackligen Sockel steht.

Standard: Sie arbeiteten 26 Jahre lang im Nachwuchsbereich des ÖFB. Bereuen Sie, erst so spät im Klubfußball angeheuert zu haben? Anders gefragt: Fehlte der Mut, die geschützte Werkstätte ÖFB früher zu verlassen?

Gludovatz: Ich bereue nichts. Der Wechsel kam nicht zu spät, sonst hätte ich nie die U20-WM in Kanada erleben dürfen. Es ist auch keine Mutfrage. Man wird als Trainer stigmatisiert. Einem, der mit der Jugend arbeitet, wird nicht zugetraut, dass er auch bei den Erwachsenen Erfolg haben kann. Das ist Unsinn, es gibt einen allgemeingültigen Zugang zu den Menschen. Der hängt nicht vom Alter ab. Es kommt darauf an, ob du deinen Arbeitsstil, deine Ansichten, deine Gedanken in die Köpfe der Leute bringst - und ob sie deine Philosophie kapieren und umsetzen.

Standard: Wie denkt Gludovatz?

Gludovatz: Ich habe mir alles erarbeitet. Schon vor 40 Jahren habe ich Zusatzeinheiten gemacht. Ich frage mich oft, was sich ein 20-Jähriger denkt, der nach dem Training duscht, heimfährt und die restliche Zeit totschlägt. Ich will den selbstverantwortlichen, kompletten Menschen, der sich in seiner Persönlichkeit weiterentwickelt. Fußballer zu sein bedeutet mehr, als ein Tor zu schießen oder zu verhindern. Er sollte auch ab und zu ein kluges Buch lesen.

Standard: Wie soll sich der SV Ried positionieren?

Gludovatz: Er muss eine Marke werden, die Innviertler Ried-Marke. Der Klub hat 176 Sponsoren, das glaubt keiner. Rapid ist bereits eine Marke. Man muss nur schauen, wie viele Termine Kapitän Steffen Hofmann abseits des Rasens wahrnimmt. Das gehört dazu.

Standard: Sie hatten ja auch ein Angebot von Red Bull Salzburg, hätten die Nachwuchsakademie übernehmen können. Auch Frank Stronach wollte Sie für den FC Magna Wiener Neustadt verpflichten. Weshalb wurde es Ried?

Gludovatz: Weil ich kein kleiner Bub mehr bin und mir vernünftige Gedanken mache. Ich habe nicht mehr geglaubt, eine Chance in der höchsten Spielklasse zu bekommen. Trotzdem empfinde ich keine Dankbarkeit oder gar Demut , es ist eine Partnerschaft, bei der jeder einen Teil des Risikos trägt.

Standard: Als das 1:0 gegen Rapid festgestanden ist, was waren Ihre ersten Gedanken?

Gludovatz: Ich war komischerweise gar nicht so angespannt. Natürlich verspürte ich eine gewisse Freude, aber als Underdog tust du dir gegen Altach schwerer. Ein Vereinstrainer muss sich Tag für Tag bewähren, da bleibt kein Platz für Emotionen. Was mir gefallen hat, war, dass wir gegen Rapid zweimal kein Glück benötigt haben.

Standard: Haben Sie einen Plan für die Zukunft, Ihr Vertrag endet 2010?

Gludovatz: Nein. Alles hängt davon ab, ob mir der liebe Herrgott Gesundheit schenkt.

(Mit Paul Gludovatz sprach Christian Hackl - DER STANDARD PRINTAUSGABE 25.9. 2008