Varese - Große Ankündigungen sind nicht die Sache der Christiane Soeder. Zumindest seit der Rad-WM 2006 in Salzburg. Damals hatte die Wienerin im Vorfeld ihren Griff nach Edelmetall im Einzelzeitfahren artikuliert und war 16. geworden. Vor den Titelkämpfen in Stuttgart 2007 und heuer in Varese war die 33-Jährige mit Prognosen vorsichtig. Mit einem Platz in den Top Ten könne sie gut leben, sagte sie. Als Dritte in Stuttgart und als Zweite am Mittwoch in Italien schöpfte sie ihr Potenzial jedoch perfekt aus und ist damit die erfolgreichste Medaillensammlerin des ÖRV im Straßenrennsport.

Die am 15. Jänner 1975 im deutschen Remscheid geborene Soeder begann ihre Sportkarriere als Mittelstreckenläuferin. 1995 wechselte sie zum Duathlon und stieß in dieser Disziplin bald in die Weltspitze vor. Sie holte WM-Bronze 2000 und 2001 und entschied sich danach für den Radsport. Doch in ihrem Heimatland, wo die Zahl der starken Fahrerinnen groß ist, fand sie nie den gewünschten Rückhalt.

So sah sich Soeder nach Alternativen um, nach positiven Gesprächen mit dem ÖRV ging 2003 im Hinblick auf die Sommerspiele in Athen die Einbürgerung in Österreich über die Bühne. Nun wohnt die Medizinerin und Lebensgefährtin des Ex-Leichtathleten Bernhard Richter in Wien. Ihre sportlichen Lorbeeren fährt die fünffache ÖRV-Zeitfahr-Meisterin im Ausland ein. Sie ist im Cervelo-Lifeforce-Rennstall u.a. Partnerin von Olympiasiegerin und Ex-Weltmeisterin Kristin Armstrong und hat sich in den vergangenen Jahren nochmals gesteigert. Zahlreiche Siege, vor allem in Einzelzeitfahren, zeugen davon.

Dass diese Erfolge eine Garantie für ein erfolgreiches WM-Abschneiden seien, verneint Soeder. Zuviel sei abhängig von Tagesform und anderen Einflüssen. "Man weiß das nie so genau, was rauskommt, man kann ja einen schlechten Tag erwischen", sagte sie in Varese. Am Mittwoch erwischte sie einen perfekten. Anders als im Zeitfahren der Olympischen Spiele, wo sie anfangs vor der späteren Siegerin Armstrong gelegen und dann auf Rang sieben zurückgefallen war, bremste sie bei der WM ihren Ehrgeiz auf dem ersten Abschnitt etwas ein und verbesserte sich von den Zwischenrängen sechs (6,8 km) und vier (15,1 km) auf Endrang zwei.

Ob Soeder nun 2009 versucht, auch noch den letzten Schritt auf das oberste Podest zu tun, weiß sie selbst noch nicht. Nach Peking hatte sie vom nahenden Karriere-Ende, von Berufseinstieg und Familiengründung gesprochen. Der neuerliche Erfolg könnte sie reizen, noch eine Saison anzuhängen. Soeder wird ihre Entscheidung nach reiflicher Überlegung nach der Saison treffen.