Bild nicht mehr verfügbar.

In der Tagesklinik für kognitive Neurologie der Universität Leipzig führt eine Ergotherapeutin bei einer Übung zur Verbesserung der Schreibmotorik die Hand eines Patienten.

Foto: APA/dpa/Wolfgang Kluge

 

Nicht jeder Schlaganfall präsentiert sich mit verwaschener Sprache und einem gelähmten Bein. Besonders schwierig ist die Früherkennung bei kognitiven Verlusten, wenn ein Mensch plötzlich auffälligratlos oder zwanghaft wird.  "Unser Anliegen ist das Rettungspersonal besser zu schulen, damit der Verlust dieser höheren Hirnfunktionen früher erkannt wird", betont Lang, der auch Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfallforschung ist, und plädiert auch für mehr Aufklärung der Gesamtbevölkerung.

Aufwendige neurologische Tests

Läuft im Rettungswagen schon alles nach Plan, dann findet sich der Patient rasch auf einer Stroke Unit wieder, einer Station in Krankenhäusern, die auf Schlaganfälle spezialisiert ist. Jede Veränderung des Patienten wird dort noch am Krankenbett erfasst. Kognitive Störungen zeigen sich in Gesprächen und aufwändigen neurologischen Tests und während sich, nach prompter und erfolgreicher Erstversorgung, der Physiotherapeut schon um die motorischen Defizite bemüht, kümmern sich Neuropsychologen um den kognitiven Bereich.

"Das Gehirn ist ein sich selbst reorganisierender Computer", umschreibt Lang die genialen neuroplastischen Fähigkeiten des menschlichen Zentralnervensystems. Auf der Suche nach anderen Wegen ist es bei jeder Schädigung immer um Schadensbegrenzung bemüht. Bis ins hohe Lebensalter ist die Bildung und Vernetzung neuer Nervenzellen noch möglich. Das Gehirn kompensiert, indem andere Regionen die abhanden gekommenen Funktionen übernehmen.

Veränderung der Persönlichkeit

Wenn man so will, dann besitzt dieser Reparaturmechanismus des Gehirns einen Haken. "Wieder erworbene Sprache ist nicht identisch mit der Sprache vor dem Hirnschaden", weiß der Wiener Neurologe. Der Gehirngeschädigte lernt zwar erneut über Sprache zu kommunizieren, jedoch mit deutlichen Unterschieden. Auch andere höhere Hirnleistungen, werden bei Verlust neu definiert. Kaputte Nervenzellen dagegen bleiben für immer kaputt. Vielleicht ist das der Grund, warum Menschen nach Hirnschäden nicht mehr dieselben zu sein scheinen. "Liegt der Schlaganfall im Frontalbereich des Gehirns, so ist mit einer Veränderung der Persönlichkeit zu rechnen", ergänzt Lang.

Intensive Trainings

Mit einem Schlag ein anderer Mensch - das ist für Angehörige, wie Betroffene gleichermaßen problematisch und die hohe Rate posttraumatischer Depressionen spricht hier für sich. Das Gehirn tut jedenfalls was es kann, braucht dafür aber viel Unterstützung. Ohne intensives neuropsychologisches und physiotherapeutisches Training, ist der neuroplastischen Effekt nämlich eher unspektakulär.

"Auch wieder erworbene Fähigkeiten sind nicht so stabil", erklärt Lang und motiviert Betroffene zu konsequentem Training. Die leichtere Bewältigung des Alltags nach Verlassen eines Spitals ist sicher der beste Gewinn nach dem Schlaganfall. Denn Gentechnologisch hergestellte Wachstumsfaktoren, die den Prozess der Neuroplastizität noch erhöhen, sind derzeit leider noch Zukunftsmusik. (phr)