Handel auf der Waage.

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Spar hat gegen die Übernahme der Adeg durch Rewe Klage eingebracht. Experten bezweifeln, dass die EU-Kommission ihre Entscheidung aufhebt. Rewe kauft auch in Deutschland weiter zu

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Wien - Spar will die Übernahme der Adeg durch Rewe nicht schlucken und zieht gegen den Konkurrenten vor Gericht. Der Handelskonzern hat vergangene Woche eine Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg eingebracht, sagt Spar-Chef Gerhard Drexel dem STANDARD. "Wir sehen grundlegende Fehler in der Entscheidung in Brüssel." Es gebe nicht nur von Spar sondern auch von anderen "ernstzunehmenden Institutionen" starke Kritik am Deal. Er sehe Chancen für eine nachträgliche Aufhebung. "Unterschätzen Sie den Rechtsstaat nicht." Mit einer Entscheidung in Luxemburg ist in frühestens einem Jahr zu rechnen. Spar hat im Vorfeld kritisiert, dass bei der Untersuchung der EU-Kommission der Beschaffungsmarkt nicht im Detail unter die Lupe genommen wurde. Die Auflagen seien nicht ausreichend. Rewe selbst wurde über den Schritt noch nicht offiziell informiert.

"Wir nehmen ihn zur Kenntnis, es steht jedem Marktteilnehmer frei, ihn zu setzen", heißt es aus der Konzernzentrale. Rewe hat die marode Adeg im Sommer zu 75 Prozent übernommen. Die EU-Kommission in Brüssel hat den Deal ohne vertiefte Prüfung durchgewunken. Rewe hält mit Adeg und ihren Vertriebslinien Billa, Merkur, Penny und Mondo einen Anteil von knapp 36 Prozent am österreichischen Lebensmittelhandel. Rewe-Chef Hensel hat wiederholt betont, eine wirtschaftlich gesunde Adeg unter dem Dach der Rewe sei allemal besser als das Ende der Kette.

Dass die Klage letztlich zu einer Zerschlagung von Rewe-Adeg führen kann, gilt jedoch als unrealistisch. Es habe nur ein paar Fälle gegeben, bei denen Konzerne entflochten wurden, erinnert Hanspeter Hanreich, Kartellrechtsexperte am Institut für Höhere Studien. Rewe könnten aber strengere Auflagen blühen. Für weitere Zukäufe zeichne sich zudem eine klarere Rechtslage ab.

Für Michael Böheim ist die Klage der Konkurrenz verständlich. Der Zug sei aber längst abgefahren - selbst wenn es neue Auflagen geben sollte -, die Genehmigung des Deals stehe für einen Tiefpunkt in der Wettbewerbspolitik, meint der Industrieökonom des Wifo. "Bis in Luxemburg eine Entscheidung fällt, sind Rewe und Adeg eng miteinander verwoben." Das betreffe die Lieferbeziehungen ebenso wie die Buchhaltung. Die Revidierung des Urteils der EU-Kommission sei unwahrscheinlich.

Rewe hat die Lieferanten erst unlängst aufgefordert, ihre Konditionen mit Adeg offen zu legen. Sie gleicht die Einkaufspreise nach unten an. Insgesamt ein Jahr Zeit hat der Konzern, um die Auflagen der Wettbewerbshüter zu erfüllen. In 28 Bezirken müssen Umsatz und Filialen abgegeben werden.

Betroffen sind überwiegend die von Adeg in Eigenregie und mit Verlusten geführten Standorte. 19 der knapp 60 verbliebenen eigenen Läden werden derzeit Mitbewerbern angeboten, bestätigt Adeg-Chef Andreas Poschner: "Sie wechseln aber nicht mit wehenden Fahnen." Spar ist unter den Interessenten. Die restlichen Filialen sollen selbstständige Kaufleute übernehmen. Zwei der 40 seien zur Zeit in der Übergabe, rund 20 seien im vergangenen Jahr schon abgetreten worden. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.9.2008)