Einst von der Hamburger StarDivision als kommerzielle Office-Lösung entwickelt, wurde StarOffice 1999 von Sun übernommen und in Folge im Rahmen des OpenOffice.org-Projekts unter einer freien Lizenz veröffentlicht. In den letzten Jahren hat sich die Software zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für Microsoft Office und Co. gemausert, nicht zuletzt wohl auch wegen der überlegenen Preisgestaltung, die da heißt: Kostenlos.

Ablauf

Beinahe drei Jahre ist es nun bereits her, seit die letzte Major Release der Software veröffentlicht wurde. Zwar hat man mittlerweile zu einem regelmäßigen Veröffentlichungsrhythmus gefunden, der rund alle sechs Monate neue Features integriert, vor dem marketingträchtigen großen Versionssprung hat man sich bislang jedoch gescheut.

Neustart

In Kürze soll es nun aber endlich so weit sein: OpenOffice.org 3 bringt eine Fülle von kleineren und größeren Änderungen für die freie Office-Suite. Welche konkreten Neuerungen dabei auf die BenutzerInnen zukommen, soll auf den folgenden Seiten etwas näher betrachtet werden. Grundlage des Artikels war der Release Candidate 2 von OpenOffice.org 3.0, der sich bis auf wenige Bugfixes nicht von der finalen Version unterscheiden wird.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein echtes Highlight ist OpenOffice.org 3.0 vor allem für die BenutzerInnen von Mac OS X: Zum ersten Mal gibt es auch eine voll unterstützte Version der freien Office-Suite für das Betriebssystem von Apple.

Konzentration

Um dies zu ermöglichen hat man in den letzten Jahren einiges an Entwicklungsarbeit in OpenOffice.org gesteckt. Zwar konnte das Paket schon länger unter Mac OS X zum Laufen gebracht werden, allerdings gab es dabei einige Hürden zu überwinden, die diese Variante zu keinem großen Vergnügen machten.

Aussehen

Mit OpenOffice.org 3 sollen diese Probleme endgültig der Vergangenheit angehören, so wird nun kein X11-Server mehr zum Betrieb benötigt, das Interface erstrahlt - mehr oder weniger - im gewohnten Aqua-Look.

Screenshot: Andreas Proschofsky

An mancher Stelle wirkt das alles zwar noch nicht vollständig konsistent - etwa wenn die Einstellungen gleich an zwei Stellen im Menü aufzufinden sind, da hier auch die volle Windows/Linux-Struktur abgebildet ist. Alles in Allem kann sich der aktuelle Stand der Entwicklung aber durchaus sehen lassen.

Integration

So ist OpenOffice.org mittlerweile auch gut mit anderen Komponenten des Systems integriert, etwa der Druckfunktion von Mac OS X. Dabei hat man der proprietären Konkurrenz so gar das eine oder andere voraus, so manches davon nicht ganz ohne Witz: Denn schließlich bietet die freie Office-Suite Unterstützung für Visual Basic-Makros, eine Funktionalität, die Microsoft mit der letzten Version aus seiner eigenen Office-Lösung für Mac geschmissen hat.

NeoOffice

Schon bisher gab es mit NeoOffice einen eigenen OpenOffice.org-Ableger für Apple-Rechner, dieser dürfte mit der neuen Version aber nun wohl obsolet geworden sein. Denn wo NeoOffice die Mac-Integration per Java erledigte, liefert OpenOffice.org 3 eine native Portierung, etwas das sich bei der Performance deutlich bemerkbar macht.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine Einschränkung gibt es allerdings: Derzeit gibt es eine ofizielle Version der Software nur für Intel-Macs, BenutzerInnen mit PowerPC-CPUs müssen hier auf eigene Builds von Dritten hoffen. Apropos Plattformunterstützung: Neben der Mac-Ausgabe gibt es OpenOffice.org 3.0 natürlich auch wieder für eine Reihe von anderen Betriebssystemen.

Download

So stehen Ausführungen für Windows, Linux - erstmals auch in einer 64-Bit-Version - und Solaris (SPARC, x86) zur Verfügung. Als schlank ist das Ganze eher nicht zu bezeichnen, der Download variiert zwischen 128 und 163 MByte, entpackt und installiert nimmt die Office-Suite auf der Platte dann beispielsweise unter Mac OS X gute 380 MByte ein. Dafür kann zwischen 76 Sprachversionen gewählt werden, wer mehr gleichzeitig benötigt, kann zusätzliche Lokalisierungen per "Language Pack" nachrüsten.

Zentral

Neu in der Version 3.0 ist ein eigenes Startcenter, über das die einzelnen Anwendungen gezielt aufgerufen werden können. Auch Erweiterungen und Templates können hier installiert werden, dazu aber später noch mehr. Beim ersten Aufruf der Anwendung bietet OpenOffice.org übrigens eine Registrierung an, diese ist allerdings vollständig optional und kann auch dauerhaft abgelehnt werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Für jene, die OpenOffice.org bereits jetzt benutzt haben, zeigen sich auf den ersten Blick mal wenig Unterschiede, gegenüber der 2.x-Reihe blieb das Interface weitgehend unverändert. Zwar will man hier in Zukunft über einen grundlegenden Umbau nachdenken, in welche Richtung das gehen wird - also ob man etwa dem Beispiel des Ribbon-Interface von Microsoft Office 2007 folgt - ist noch nicht geklärt.

Übersicht

Bei näherer Betrachtung offenbart sich dann aber doch so manche Neuerung: So können in der Textverarbeitungskomponente Writer nun mehrere Seiten nebeneinander angezeigt werden, eine Funktion, die den Überblick verbessern soll. Optional ist es dabei auch möglich im Druck gegenüberliegende Seiten nebeneinander darzustellen.

Status

Zwischen den verschiedenen Darstellungsmodi kann flott über die Statuszeile gewechselt werden. Eine Stelle, an der mit der neuen Version auch ein Schieberegler zur einfachen Umstellung des Zoom-Levels zu finden ist.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine weitere zentrale Neuerung im Writer betrifft die Notizfunktion. Anstatt wie bisher als kleine gelbe Kästchen werden Notizen zum Text nun in einer eigenen Spalte am Rand festgehalten.

Gemeinsam

Dabei wird mit einem Pfeil auf die betreffende Textstelle verwiesen, auch wird aufgelistet, wer welche Anmerkung gemacht hat, falls mehrere Personen an einem Text gearbeitet haben. Um diese leichter auseinander zu halten, werden den AutorInnen außerdem individuelle Farben zugeordnet. Über ein Kontextmenü können dann auch in einem Rutsch alle Anmerkungen einer Person gelöscht werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Auch die Tabellenkalkulationskomponenente Calc darf sich über die eine oder andere wichtige Verbesserung freuen. So gibt es nun einen Solver, der sich um lineare Optimierungsaufgaben kümmert.

Funktion

Dabei werden die Eingabewerte in einer ausgewählten Zelle so variiert, dass ein anvisiertes Optimum erreicht wird. Die Randbedingungen in anderen Zellen werden hierbei mit einbezogen.

Auswertung

Neues auch in Bezug auf Diagramme: So kann neben Regressionkurven nun auch der zugehörige Korrelationskoeffizient angezeigt werden. Zusätzlich ist es jetzt möglich Fehlerindikatoren bei Diagrammwerten anzuzeigen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Calc ist auch die erste OpenOffice.org-Komponente, die das gleichzeitige Bearbeiten von Dokumenten zulässt. Einzelne Dateien lassen sich für andere BenutzerInnen freigeben, bei Konflikten entscheidet letztendlich die ursprüngliche Autorin über die zu übernehmende Version.

Spalten

Mit OpenOffice.org 3.0 lassen sich jetzt außerdem größere Tabellen als bisher erstellen, konkret unterstützt man nun 1.024 statt 256 Spalten. Zusätzlich hat man den Tabellen einen modernen Look verpasst.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine immer wichtigere Rolle nimmt bei OpenOffice.org mittlerweile das Erweiterungssystem ein. Über den Extension Manager lassen sich mit der neuen Version nicht nur zusätzliche Wörterbücher und Templates installieren, sondern auch ganz neue Funktionalitäten hinzufügen.

Import

Ein definitives Highlight ist dabei die PDF-Import-Extension, über die sich  entsprechende Dateien nachträglich editieren lassen. Das betreffende PDF wird dabei in der Grafik-Komponente Draw importiert, auch wenn sich das Ganze noch als Beta versteht, sind die Ergebnisse doch schon recht respektabel. Verbesserungsbedarf gibt es natürlich immer, so werden etwa Formulare noch nicht unterstützt.

Hybrid

Mit der PDF-Import-Extension bekommt die freie Office-Suite aber noch eine andere interessante Funktion: Es können Hybrid-PDFs erstellt werden, die neben dem PDF-File auch das Original im Open-Document-Format enthalten. So können dann jene, die OpenOffice.org 3 einsetzen, leicht Änderung vornehmen, während alle anderen zumindest das PDF lesen können.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei der Präsentationskomponente Impress gibt es ebenfalls Neues zu berichten: So können Tabellen aus Calc nun direkt in die eigenen Präsentationen eingebaut werden.

Anpassen

Vereinfacht wurde das Zurechtschneiden von Bildern in Impress und Draw. Diese können nun einfach durch den Zugriff auf die Eckmarkierungen angepasst werden.

Optimiert

Eine nicht unwichtige Rolle spielen in der OpenOffice.org-Entwicklung auch immer Performance-Optimierungen, eine Liste von aktuellen Verbesserungen in diesem Bereich gibt es auf OpenOffice.orgNinja. Weiters bringt auch die aktuelle Release wieder eine Vielzahl an Fehlerbereinigungen

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Default-Dokument-Format bei OpenOffice.org ist wie gehabt das freie OpenDocument Format (ODF). OpenOffice.org 3 bringt nun aber erstmals die Unterstützung für die Version 1.2 der ODF-Spezifikation, die eine Formelsprache vorsieht. Auch ein Metadatenmodell auf Basis von RDF und OWL ist neu hinzugekommen.

OOXML

Alternativ kann OpenOffice.org jetzt auch mit den neuen Office Open XML-Formaten von Microsoft umgehen. Sowohl in Writer als auch in Calc und Impress können entsprechende Dateien importiert werden.

Alternative

Mit der neuen Version macht OpenOffice.org 3 einen weiteren Schritt nach vorne als vollständige Alternative zu kommerziellen Office-Produkten, vor allem der Mac-Support erschließt wichtige neue Märkte. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass man sich vor allem einmal dem User Interface widmet, und hier grob ausmistet.

Ausblick

OpenOffice.org 3.0 soll nach den aktuellen Plänen am 7. Oktober veröffentlicht werden. Wer nicht mehr bis dahin warten will, kann sich schon jetzt mit der aktuellen Testversion einen Einblick verschaffen, diese kann etwa über die deutschen Projektseiten von OpenOffice.org bezogen werden kann. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 28.09.2008)

Screenshot: Andreas Proschofsky