Wien - Die Hausärzte wollen ihre eigene Rolle im Gesundheitssystem aufwerten und den freien Zugang der Patienten zu den Fachärzten einschränken. Wolfgang Werner, der Präsident des Österreichischen Hausärzteverbands (ÖHV) Wien, meinte am Montag in einer Pressekonferenz, die Patienten sollen nicht direkt zu Fachärzten gehen können. Das könnte durch eine Sperrung der E-Card erreicht werden. Dadurch wäre nur eine Konsultation möglich, meinte Werner.

Der Hausärzte-Chef forderte ein "dezentrales, bedarfsorientiertes und krisenstabiles Gesundheitssystem" und hält nichts von ambulanten Versorgungszentren (AVZ), wie sie die Sozialpartner fordern. Er befürchtet, dass nach der Wahl "über uns Ärzte drüber gefahren wird." Ein Vorteil der Hausärzte sei ja "die Familienmedizin, wodurch man auch das Umfeld des Patienten kennt. In einem AVZ wäre immer ein anderer Arzt zuständig", so Werner. Auch die Anpassung des Leistungsspektrum an die tatsächlichen Gegebenheiten und verschiedene Zusammenarbeitsmuster, etwa in Gruppenpraxen, fordert der ÖHV.

Keine Zweiklassenmedizin

Die Bedrohung der Ärzteschaft sind laut Werner Forderungen wie Einzelverträge oder eine Patientenquittung, die im Rahmen der inzwischen gescheiterten Gesundheitsreform im Frühjahr im Gespräch waren. Auch Einsparungen bei Krankentransporten würden nur zulasten der Patienten gehen. Einsparungsmöglichkeiten sieht er etwa im bürokratischen Aufwand der Krankenkassen. Sehr emotional wird der Präsident des ÖHV Wien, wenn es um die Behandlungen selbst geht: "Technokraten, die keine Ahnung von Medizin haben, wollen uns einen Behandlungspfad aufzwingen! Aber nicht mit uns!"

Den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin entkräftet Werner: "So etwas gibt es nicht. Die Erst- und Notversorgung sind zu 100 Prozent gewährleistet." Weiters sei das Gesundheitssystem entgegen anderer Behauptungen kostengünstig. "Für eine dreimonatige Behandlung bekommt ein Arzt einen Grundwert von 25,71 Euro und das auch nur mit einer Verspätung von bis zu sechs Monaten. Mir ist schleierhaft, wo man da etwas einsparen will", erklärte Werner.

Die derzeitige Situation des Gesundheitssystem ist für den Hausärzte-Chef "absurd". "Bis vor kurzem wurde das Gesundheitssystem schlecht geredet, und jetzt hört man im Wahlkampf gar nichts mehr zu diesem Thema." Hauptziel der Kritik von Werner sind die Sozialpartner, die Wirtschaft habe seiner Auffassung nach nur die Gewinnmaximierung des Gesundheitssystems im Sinn. Das Ziel der Ärzteschaft sei es, dass "die Finanzierung wieder funktionieren soll und zwar wie bisher". (APA)