Die Finanzierung von Gewerbeimmobilien (im Bild ein Shoppingcenter) wird angesichts der Kreditkrise immer schwieriger.

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Wien - "Wir haben null Liquiditätsprobleme", versucht der Chef der Immofinanz-Gruppe, Karl Petrikovics, Bedenken von Anlegervertretern zu zerstreuen. 2,6 Mrd. Euro an geplanten Ausgaben in den nächsten zwei Jahren stünden 1,1 Mrd. an Cash gegenüber. Davon sind derzeit allerdings nur 600Mio. Euro an Eigenmitteln verfügbar. Der Restbetrag kommt aus einer Anleihe, die spätestens Anfang 2009 an die Immofinanz zurückgezahlt werden muss. Petrikovics zum STANDARD: "Wir bemühen uns aber, dass zumindest ein Teil des Geldes bereits vorzeitig hereinkommt." Wer der Anleihezeichner war, wird nicht bekanntgegeben.

Auch die Rückzahlung des Kredites von der Tochter Immoeast im Volumen von 1,8 Mrd. Euro werde "vereinbarungsgemäß zurückgezahlt". Wie berichtet, werden in den nächsten zwölf Monaten die ersten 400 Mio. Euro fällig.

Um angesichts der angespannten Finanzmarktsituation die Kredite bedienen zu können, stoppt die Immofinanz-Gruppe, wie berichtet, Entwicklungs- und in Bau befindliche Projekte im Volumen von bis zu 2,5 Mrd. Euro und verkauft Immobilien im Wert von 800 Mio. Euro. Nicht zuletzt, weil die Immoeast im ersten Quartal einen Verlust von 261 Mio. Euro infolge von Abwertungen verzeichnete.

Vor der heute, Dienstag, stattfindenden Hauptversammlung (HV) der Immofinanz plädiert Anleger-Vertreter Wilhelm Rasinger, die geplante Dividende von 0,40 Euro je Aktie zu verschieben. Dadurch würde der Abfluss von 184 Mio. Euro an dringend benötigten Eigenmitteln verhindert werden. Ob es dazu kommt, lässt Petrikovics offen und meint, das sei Sache der Aktionäre bei der HV. Der Vorstand wird am Dienstag jedenfalls den Dividendenantrag einbringen. Rudolf Fries, größter Aktionär der Gesellschaft, wollte sich am Montag nicht dazu äußern.

Fries und sein Kanzleikollege Vitus Eckert sollen bei der HV in den Aufsichtsrat der Immofinanz gewählt werden. Fries war heuer im März bei einem Kurs von rund sieben Euro als Großaktionär bei Immofinanz eingestiegen. Er hält aktuell etwas weniger als zehn Prozent der Aktien. Am Montagnachmittag lag der Immofinanz-Kurs bei 3,54 Euro.

Auch Wirtschaftsanwalt Martin Löffler - er vertritt bei der HV mehrere Mandanten - will die Dividendenzahlung verhindern. In einem Fax forderte er Petrikovics am Montag "umgehend und dringend" auf, den Antrag auf Dividendenzahlung zurückzuziehen. Es stehe nämlich der Verdacht im Raum, dass die Immofinanz mit dem Darlehen der Immoeast (1,8 Mrd. Euro, mit 9,5 Prozent verzinst, Anm.) den Kauf von Aktien bei der letzten Kapitalerhöhung der Immoeast finanziert hat, was §66a Aktiengesetz widerspreche (regelt die Finanzierung des Erwerbs von Aktien der Gesellschaft). Zudem ortet der Jurist eine "nichtige Einlagenrückgewähr" (ist verboten, Anm.), da die Zinsen für das Darlehen "viel zu günstig" seien.

Sollte der Beschlussantrag zur Dividende nicht zurückgezogen werden, soll es Konsequenzen geben. "Für den sehr wahrscheinlichen Fall eines Schadenseintrittes" werde der gesamte Immofinanz-Vorstand haftbar gemacht, warnt Löffler.

Managementverträge

Von der Forderung Rasingers, die Zahlung von 176 Mio. Euro für den Kauf der Managementverträge von der Constantia Privatbank zu verschieben, hält Petrikovics nichts. "Verträge sind da, um eingehalten zu werden."

Für kritische Fragen in der HV ist jedenfalls gesorgt. Die Anleger wollen genaue Auskünfte, was die Immofinanz mit dem Kredit von 1,8 Mrd. Euro getan hat, zumal doch seit Mai 2007 wenig Geld für Immobilien ausgegeben wurde. Insgesamt haben Immoeast und Immofinanz im Vorjahr mit Kapitalerhöhung (drei Mrd. Euro) und Wandelanleihe (1,5 Mrd. Euro) 4,5Mrd. Euro eingesammelt. Wo und wie das Geld verwendet wurde, wird wohl zentrales Thema der Aktionäre sein. Zudem wollen sie wissen, was der Stopp der Bauprojekte kosten wird. (cr, gra, bpf, DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2008)