Gmunden - Auch wenn der Linzer Gerichtsmediziner Johann Haberl das Wort Kunstfehler nicht in den Mund genommen hat: Bei der Obduktion der Gebärmutter jener Frau, die nach der Geburt ihres vierten Sohnes im Landeskrankenhaus Gmunden verblutet ist, habe er festgestellt, dass ein Riss, der sich in die Tiefe des muskulären Gewebes fortgesetzt hatte, nur oberflächlich versorgt wurde, sagte er am Freitag im Standard.

Eine Äußerung, die ihm jetzt den Vorwurf des Amtsmissbrauchs einbringt. Denn den Obduktionsbericht hatten am Freitag weder die Staatsanwaltschaft noch der Spitalsbetreiber Gespag in Händen.

Haberls Vorgehensweise sei "mehr als befremdlich", attestiert Gespag-Sprecherin Jutta Oberweger am Sonntag. Haberl wiederum kann die rechtlichen Bedenken zwar nachvollziehen, merkt aber an: "Meine Aufgabe als Gerichtsmediziner war es, den Zustand der Gebärmutter aufzuzeigen. Den Kern der Frage, ob bei der Behandlung des Risses etwas hätte anders gemacht werden müssen, hat der zweite, gynäkologische Sachverständige zu beantworten." Die 42-jährige Frau ist jedenfalls am zweiten September an den Folgen des Gebärmutterrisses gestorben.


Ärzte mussten gehen

Der operierende Oberarzt wurde vorige Woche vom Dienst suspendiert, der Primar fristlos entlassen. Bei einer Unterredung mit dem Gespag-Vorstand hatten beide Gynäkologen zugegeben, die Patientendokumentation im Nachhinein manipuliert zu haben. Die Mediziner mussten wegen des Verdachts der Urkundenfälschung gehen.

Und was den Verdacht des Kunstfehlers betrifft, wegen dem der Witwer auch einen Anwalt zugezogen hat? Das sei Sache der Polizei und der Gerichte, sagt Oberweger. Der Anwalt des Witwers, Roland Schachinger, kann die Verärgerung über Haberl hingegen nicht verstehen. "Ob die Gespag das Gutachten einen Tag früher oder später bekommt, ändert doch nichts am Inhalt." Nachdem jetzt neben dem Geständnis der Ärzte der gerichtsmedizinische Befund den "Verdacht erhärte", müsse die Gespag "vernünftigerweise schnell einlenken". Denn sein Klient habe nach wie vor die Absicht, sich außergerichtlich zu einigen. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, Print, 22.9.2008)