Nikolaus G. hatte seine Tasche vergessen - und zwar eindeutig in Wien (in der Straßenbahn). "Da wean S' ka Glück haben", tippte der Schalterbeamte, telefonierte und widerrief: "Sie ham a Masel! Die Tasch'n is g'funden worden." G. könne sie im Expedit abholen, die Linie soundso bringe ihn dorthin: "Fragen S' den Fahrer!" Frage an den Fahrer: "Fahren Sie zum Expedit?" F.: "A Expedit in dem Sinn gibt's net, des hat's früher amoi gebn. Jetzt wechseln duat nur die Fahrer." G.: "Dort soll nämlich meine Tasche liegen." F.: "Do wean S' a Pech haben." G.: "Wieso? Es hat geheißen, die Tasche liegt dort." F.: "Dass die Tasch'n duat liegt, kann scho sein. Oba Sie wean kan finden, der s' Eana gibt." Sagte es und sprach kein Wort mehr.

G. blieb stur, stieg hinter dem Fahrer aus und folgte ihm ins Expedit, wo keiner ein Ohr für ihn und seine Tasche hatte. Ein Bediensteter erbarmte sich schließlich und vermeldete: "Da ham S' a Pech, die Tasch'n is scho auf'm Weg ins Fundbüro." Einige Augenblicke genoss er die Demut des Bürgers vor der unbeugsamen Macht der Bürokratie. Dann erweichte sein Wiener Herz: "Oba i schau Eana no amoi!" Fünf Minuten später hatte G. seine Tasche. (Daniel Glattauer/DER STANDARD-Printausgabe, 22.9.2008)