Berlin/Wien - Die Finanzkrise setzt die deutschen Landesbanken stärker unter Druck. Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers macht weitere Abschreibungen wahrscheinlich. Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück hat am Freitag ein Dutzend führende Vertreter der Banken- und Finanzwirtschaft des Landes zu einem Krisengipfel nach Berlin geladen.

Bei der BayernLB - Eigentümerin der Hypo Alpe Adria Group in Kärnten - stehen 300 Mio. Euro im Feuer, bei der WestLB sei es ein niedriger einstelliger Millionenbetrag, heißt es. Die LBBW (Baden-Württemberg) und die HSH Nordbank rückten bereits von ihren Gewinnprognosen für 2008 ab. Der Ruf nach den schon lange geforderten Fusionen wird lauter. Laut Handelsblatt beläuft sich die Belastung für alle deutschen Landesbanken allein aus dem Lehman-Desaster auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro. Betont wird, dass die Verluste jedenfalls verkraftbar wären.

Unter Beobachtung

Österreichs Notenbanker beobachten die deutschen Landesbanken mit Argusaugen. Heimische Banken sind mit rund 650 Mio. Euro, die Versicherer mit 350 Mio. Euro bei Lehman engagiert. Die Qualität der Zahlen bei den Versicherern ist aber fragwürdig, man weiß nicht, ob etwa Garantien schon inkludiert sind. Auch das Exposure der Versicherungsunternehmen ist unterschiedlich, manche haben Lehman-Anleihen, manche nur Rückversicherungen. Die möglicherweise größten Auswirkungen sehen Experten bei den europäischen Rückversicherern.

Die Notenbank führt auch weitere Erhebungen in der Branche durch. Wissen will man, wie hoch das Exposure bei Merrill Lynch, AIG und Washington Mutual ist, brutto und netto, inklusive genauer Sicherheiten. Erfragt wurde weiters der Einfluss der Lehman-Pleite auf das Jahresergebnis, die befürchteten Zweitrundeneffekte aus der Wall-Street-Krise und ob man "eine weitere Verschärfung" im Interbanken-Geschäft und auf der Liquiditätsseite erwarte. Noch sollen nicht alle Antworten eingetroffen sein. (gra, red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.9.2008)