In den Räumlichkeiten des Global 2000 lud der Österreichische Medienverband zur Podiumsdiskussion. Die Frage des Abends: "Haben Freie Medien Zukunft?" Der Hauptkritikpunkt der Debatte: Der Großteil aus Presse- und Publizistikförderung ginge nicht an die freien Medien, sondern an die bereits etablierten, großen Medienhäuser.

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Klaus Stimeder, Chefredakteur der Monatszeitschrift "Datum", findet das "Gejammere" nach Förderungen übertrieben.

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"Content der Gegenwart in Medien der Zukunft darf nicht an Systemen der Vergangenheit scheitern." Mit diesen Worten leitete Martin Aschauer vom Österreichischen Medienverband die Podiumsdiskussion über die Zukunft der freien Medien am Donnerstagabend ein. Anlass für die Debatte ist das Online-Jugendmagazin Chilli.cc, das seinen Betrieb am 2. September einstellen musste, wie etat.at berichtete. "Chilli"-Herausgeber János Aladár Fehérváry meint, das Magazin sei vor allem an fehlendem Kapital gescheitert. Man habe jedoch bereits eine Lösung gefunden - in Kooperation mit einem großen Qualitätsmedienhaus würde Chilli ab Ende Oktober wieder online gehen, kündigte Fehérváry an.

Forderung: Mediengelder für Medien

Laut Fehérváry ist die Verteilung der Gelder aus Presse- und Publizistikförderung in Österreich ungerecht. "Förderungen zu bekommen ist generell sehr schwierig, und wir wollten keine Angebote von politischen Parteien annehmen. Das meiste an Geldern bekommen die großen Medienhäuser, die ohnehin schon etabliert und gefestigt sind." Diesem Vorwurf schließt sich Aschauer an: "Allein durch die GIS werden jährlich sechs Millionen Euro eingenommen. Statt junge, freie Medien damit zu fördern, fließt dieses Geld in Altstadtsanierungen. Mediengelder sollen aber für Medien verwendet werden."

SPÖ-Gemeinderätin Baraba Nowak erklärt die ungerechte Verteilung mit "veralteten Strukturen". "Die Fördergelder werden vom Bund vergeben, daher braucht es in der Verteilungsstruktur auf Bundes- und Länderebene eine 'Revolution'. Die freien Medien sollen konkrete Förderungswünsche einbringen. Sie mit der Frage der Altstadtsanierung aufzuwiegen, halte ich nicht für sinnvoll", entgegenet Nowak.

Ausbildungsstätte für Jungjournalisten?

Ritchie Pettauer, Betreiber des Blogs "Datenschmutz", ist der Ansicht, dass Fördergelder vor allem in die Infrastruktur und die Druckkosten eines Betriebes investiert werden sollten, da diese die Hauptprobleme für ein neues, unabhängiges Medium sind. Seiner Meinung nach sind kleine, freie Medienhäuser vor allem als Ausbildungsstätte für Jungjournalisten wichtig. Und er schätzt den Stellenwert der freien Medien als nicht allzu hoch ein. "Es stimmt nicht, dass unabhängige Medien stark zum öffentlichen Diskurs beitragen. Dazu sind sie zu klein, kaum jemand konsumiert sie. Ihre Berechtigung, Fördermittel zu bekommen, sollte daher in ihrer medienpädagogischen Lehrtätigkeit ermessen werden." Das findet auch Susanne Hanger von der Österreichischen Jugendpresse. "Gerade die jungen Leute müssen unterstützt werden, damit sie den Start in die Branche schaffen."

"Datum"-Chefredakteur Klaus Stimeder wiederum sieht es nicht als "seine Aufgabe", den Journalistennachwuchs auszubilden. Zur Frage nach mehr Unterstützungsgeldern meint er: "Schluss mit dem Jammern nach Förderungen - in Wien hat es noch nie eine so lebendige Medienlandschaft wie heute gegeben! Diese Stadt hat viel junges Potenzial, das es auch ohne fremde Förderungen schafft." Die Einstellung von Chilli.cc bedauert er zwar auch, fügt aber hinzu: "Wenn man es in acht Jahren nicht schafft, ein Medienprodukt wirtschaftlich rentabel zu machen, kann man sich auch nicht mehr auf Förderungen verlassen."

Doppelmoral und Bekanntheitsmangel

Stimeder wirft SPÖ-Gemeinderätin Nowak und der Mediensprecherin der Grünen Wien, Marie Ringler, eine "Doppelmoral" der politischen Parteien vor. "Es heißt zwar, freie Medien gehören unterstützt, aber wenn Politiker etwas Wichtiges zu erzählen haben, gehen sie nicht zum "Datum" oder zu FM5 - sie gehen zur Kronen Zeitung oder zu 'News'. Das ist eine ziemliche Doppelmoral."

Für ihn ist der Mangel an Bekanntheit das tatsächliche Hauptproblem der freien Medien. "Wenn man zum Beispiel die Wiener City Lights ein Mal pro Monat für FM5-Werbung nützen könnte, würde auch die 70-jährige Mitzi-Tant' darüber Bescheid wissen. Eine solche Investition wäre wirklich hilfreich", so Stimeder. (Amina Beganovic, derStandard.at, 19.9.2008)