Halle/Saale - Die Anzahl eingeschleppter Pflanzenarten hat sich in den vergangenen 25 Jahren mehr als verdreifacht. Eine Studie von Wissenschaftlern, die Daten aus 48 europäischen Ländern und Regionen ausgewertet haben, zeigt, dass 5.789 Pflanzenarten als gebietsfremd eingestuft werden, 2.843 davon kommen von außereuropäischen Regionen. Im Vergleich dazu lagen die Zahlen 1980 deutlich niedriger. Neue Arten, die Ökosysteme nachhaltig verändern, indem sie beispielsweise einheimische Arten verdrängen, gelten als große Gefahr für die Biodiversität.

Auswirkungen und Kosten

1980 konnten die Wissenschaftler nur 1.568 gebietsfremde Arten registrieren. Davon waren 580 außereuropäischen Ursprungs. "Pro Jahr kommen durchschnittlich etwa sechs neue Arten in Europa hinzu", so Studien-Co-Autor Marten Winter vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ. "Die tatsächlichen Auswirkungen eingeschleppter Arten sind sehr verschieden", meint der Forscher. "Im schlimmsten Fall können sie durch die Ausweitung ihres Habitats heimische Spezies vollkommen verdrängen." Bei manchen Arten, die sich extrem ausbreiten, verursache die Vernichtung der neuen Populationen Kosten. Für Deutschland ergaben erste Schätzungen für nur drei von insgesamt 470 der sich am stärksten ausbreitenden eingeschleppten Pflanzen die Entstehung von jährlichen Kosten von ca. 70 Mio. Euro. "Nicht alle eingeschleppten Pflanzen verursachen jedoch derart große Schäden und Kosten", betont der Forscher.

Verheerende Auswirkungen

"In anderen Habitaten - vor allem auf Inseln - kann sich die Einschleppung gebietsfremder Arten verheerend auf die bestehende Biodiversität auswirken", erklärt Winter. So haben etwa eingeschleppte Landsäuger in Neuseeland fast alle flugunfähigen Vögel der Doppelinsel vernichtet, erklärt Winter. "Bei Tieren ist die Situation diesbezüglich meist deutlich schärfer als bei Pflanzen", so Winter. Spezies, die sich in ihrer neuen Heimat besonders stark ausbreiten, werden als "invasive Arten" bezeichnet.

Europaweite Managementstrategien

Die Inventarisierung von Informationen über gebietsfremde Arten soll helfen, europaweite Managementstrategien zu entwickeln und so die biologische Vielfalt zu schützen. Im Rahmen des EU-Projekts DAISIE (Delivering Alien Invasive Species Inventory for Europe) wurden zum ersten Mal alle bekannten Invasionsarten erfasst. "Anfang Oktober wird es zudem eine große Konferenz über die so genannten Neobiota - das sind Arten, die seit 1492 irgendwo eingewandert, eingeführt oder eingeschleppt worden sind - in Prag geben", erklärt Winter.

Zu den inzwischen am weitesten verbreiteten neuen Pflanzenarten gehören das Kanadische Berufkraut, Topinambur und die Gewöhnliche Robinie, die alle ursprünglich aus Nordamerika stammen. Für Allergiker hat die ursprünglich aus Nordamerika stammende Beifuß-Ambrosie (Ragweed) schwere Zeiten gebracht. Ihre Pollen zählen zu den aggressivsten Allergie-Auslösern. (pte)