"Ah wirklich? Der ist aus dem Dritten?" Sein halbes Leben hat Anton Ossburg in Wien-Landstraße verbracht. Der Umstand, dass Heinz-Christian Strache hier aufgewachsen ist und jahrelang Bezirksrat war, ist ihm trotzdem neu. "Das habe ich nicht mitbekommen. Und mir ist er hier auch noch nie über den Weg gelaufen." Dabei wohnt der 90-Jährige seit 35 Jahren im Rabenhof, einem der bekanntesten Gemeindebauten Wiens. Die in den Zwanzigerjahren erbaute Anlage ist eine klassische Arbeitersiedlung und damit eigentlich potenzielles Wahlkampfgebiet für die FPÖ.

"Ausländerkritisch"

Den Heimvorteil will Strache aber offensichtlich in anderen Teilen des Dritten nutzen. Am Rochusmarkt zum Beispiel. "Er kommt schon hin und wieder vorbei. Jetzt, wo Wahlen sind, sowieso", sagt Geflügelhändler Wolfgang Lindinger, der am Rochusmarkt ein Standl betreibt. "Und ich sagen Ihnen was, so wie die Leute reden, bekommt er hier am Markt über 25 Prozent." Dass Strache selbst aus dem Bezirk stammt, sei auch hier zwar weitgehend unbekannt, "das ist aber auch wurscht, weil es in Wien eh überall die gleichen Probleme gibt". Die sieht der Standler, der sich selbst als "ausländerkritisch" bezeichnet, vor allem in der fehlenden Integrationswilligkeit von Zuwanderern.

Von 25 Prozent ist die FPÖ zwischen Donaukanal und Laaer Berg freilich weit entfernt: Bei den Gemeinderatswahlen 2005 schafften es die Bezirks-Blauen gerade einmal auf 11, 6 Prozent - die Grünen kamen auf 20 Prozent. Zu Jörg Haiders Zeiten stand die FPÖ im Dritten wesentlich besser da. 1996, Strache war bereits seit fünf Jahren Bezirksrat, kam sie auf satte 25 Prozent und überholte erstmals die ÖVP. Nach Knittelfeld ging's dann aber auch in Landstraße für das dritte Lager steil bergab. Zur Parteispaltung kam es hier aber nie. "Das hat sicher auch mit Strache zu tun", sagt der schwarze Bezirksvorsteher-Stellvertreter Georg Schüller, "und die Bezirksgruppe ist auch jetzt voll auf Strache-Linie. Bei Themen wie Benzin oder Asylwerbern gibt es bei ihr keine Diskussion."

Fest in roter Hand

Nichtwiener verirren sich in den unauffälligen Dritten höchstens, um sich das Hundertwasserhaus oder das Schloss Belvedere anzuschauen. Hinsichtlich der Bevölkerungszusammensetzung ist Landstraße für die FPÖ ein nicht ganz einfaches Pflaster: Der bürgerliche Teil rund um die Rochuskirche und die Landstraßer Hauptstraße, der in schmucken Gründerzeithäuser wohnt, ist Grün oder Schwarz zugeneigt, an der Grenze zu Simmering, wo sich Arbeiterquartiere und Industriebauten mehren, wird traditionell rot gewählt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte in diesem Teil von Wien ein Jahr lang - von 1945 bis 1946 - ein Bürgerlicher das Sagen, seither ist die Bezirksvorstehung fest in roter Hand.

Bei der letzten Wien-Wahl schafften es überraschend auch die Kommunisten in die Bezirksvertretung: Seit 2005 stellt die KPÖ in Landstraße einen Bezirksrat. Wienweit gibt es seither zwei kommunistische Bezirksvertreter - der zweite werkt im Nachbarbezirk Leopoldstadt. (Martina Stemmer, DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.9.2008)