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Neun Jahre war sie weg. Eigentlich. Denn in Wirklichkeit wurde Heide Schmidt auch nach dem, wie sie offen zugibt, schmerzhaften "Abgewähltwerden" der Liberalen aus dem Parlament im Oktober 1999 nie als Nicht-mehr-Politikerin anerkannt. Sie wurde weiter als Politikerin angesprochen. Man wollte die Politikerin in ihr. Doch sie wollte neun Jahre lang nicht mehr. War lieber Demokratiearbeiterin in dem von Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner finanzierten Institut für eine offene Gesellschaft.

Aber dann, in diesem Herbst 2008, brauchte es eine "schlaflos durchdachte Nacht", und es war klar: "Ich muss das machen, das hätte ich mir sonst nie verziehen." So umschreibt die 59-Jährige Juristin ihre Motivation, noch einmal das von ihr 1993 gegründete Liberale Forum (LIF) in eine Wahl zu führen. In eine, wahrscheinlich die entscheidende Wahl für den Liberalismus in Österreich. "Jetzt oder nie" lautet denn auch die Devise. Und: Wer, wenn nicht sie? Heide Schmidt symbolisiert das LIF. Selbst in den vergangenen 18 Monaten, als mit Alexander Zach ein liberaler Statthalter auf rotem Ticket im Nationalrat die liberale Sache redlich vertrat.

Der homo politicus Heide Schmidt geht durch diesen Wahlkampf, als wäre er nie weg gewesen. In der "Elefantenrunde" des Privatsenders Puls 4 sitzt sie so selbstverständlich in der Runde der Chefs der Parlamentsparteien, dass erst mit etwas Verzögerung die Frage auftaucht: Aber sie ist ja noch gar nicht drin - wie vier andere Parteien bei dieser Wahl auch?

"Ich will das Politische ansprechen"

Die Liberalen sind überzeugt, dass diesmal der Sprung in den Nationalrat zum dritten Mal nach 1994 und 1995 gelingt. Auf die Haltung kommt es an, signalisiert das LIF - und eckt damit zwangsläufig an. Dass sie ein "Angebot an die denkenden Menschen" sein möchte, war so ein typischer Schmidt-Sager im Wahlkampf. Sie legt wert auf Abgrenzung und definiert politische "no-go areas": FPÖ und BZÖ hätten in einer Regierung nichts verloren, sagt sie.
Heide Schmidt ist Antipopulismus pur. Das schlägt sich nieder in Sätzen wie "Ich will das Politische ansprechen" oder "Man muss der Politik wieder Anspruch und Sinn geben". Sie sagt oft Worte wie "demokratiepolitisch", wo andere parteipolitisch meinen, sie will "überzeugen", appelliert an den "Verstand", fordert „Argumente". Die lässt sie sich auch gern an den Kopf werfen, Unterstellungen nicht.

So geschehen beim Straßenwahlkampf in Salzburg, wo sie ein Mann anspricht und ihr vorwirft, sie habe ja damals, als sie noch eine Blaue war, die FPÖ-Ausländerpolitik mitgetragen: "Das hat mich zornig gemacht", sagt Schmidt, „weil es einfach eine Unterstellung ist." Sie sei nach 20 Jahren aus Protest gegen eben diese Politik aus der FPÖ ausgetreten. "Ich liebe das Bad in der Menge nicht", gesteht sie, "aber mir macht fast alles Freude, was vernünftigerweise und anständigerweise zu einem Wahlkampf dazugehört" - wieder so ein Schmidt-Satz. Vernunft und Anstand als Haltung. Da ist es nur konsequent, dass sie ihr Verständnis von "liberal" mit einer Sozialdemokratin formuliert, mit Rosa Luxemburg: "Um Freiheit kämpfen heißt immer, um Freiheit für die anderen zu kämpfen." Selbst wenn es die eigene Freiheit für Momente einschränkt. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.9.2009)