Dass sich jemand diesen Job freiwillig antut! Zipi Livni, die am Mittwoch zur Chefin der israelischen Kadima gewählt wurde, hat sich Aufgaben eingehandelt, gegen die das Felsbrocken-Wälzen Sisyphos' wie ein Kinderspiel ausschaut. Sie übernimmt, mit einem äußerst knappen Mandat ausgestattet, eine Regierungspartei, von der heute niemand weiß, was von ihr bei Neuwahlen übrigbleiben würde - weswegen es eines ihrer Politikziele ist, diese hinauszuzögern. Trotzdem leistet sich diese Partei den Luxus der Gespaltenheit: Livnis parteiinterner Konkurrent Shaul Mofas, der fast genauso viele Stimme wie sie bekam, steht in der ideologisch entgegengesetzten Ecke der Partei.

Mit 20.000 Stimmen in den Job gehievt, der sie zur Nachfolgerin von Ehud Olmert als Premier macht, muss sie nun eine Regierung bilden - mit Parteien, die die Kadima-Angeschlagenheit ausnützen und sich ihre Kooperation teuer abkaufen lassen werden. Die Arbeitspartei ziert sich - ist aber angesichts der eigenen Schwäche nicht unbedingt glaubwürdig. Die Shass-Partei stellt Forderungen, die die Sinnhaftigkeit der Gespräche mit den Palästinensern infrage stellen - aber ein Fortschritt an dieser Front wäre genau das, was die nationale Bedeutung der Kadima retten könnte.

Dann ist da noch das iranische Problem - das es auch klug erscheinen lässt, den neuen Draht nach Damaskus zu pflegen, denn Syrien und Iran auseinanderzudividieren wäre ein großer Erfolg in einer Eindämmungsstrategie.

Dazu kommt die internationale Finanzkrise. Sonst noch etwas? Wenn Livni scheitert, wird sie 2009 Wahlen gegen die Expremiers Ehud Barak und Benjamin Netanyahu schlagen müssen. Man wünscht ihr Glück. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 19.9.2008)