Die aktuellen Bankpleiten und Börsengewitter haben nun auch gravierende Auswirkungen auf die EU-Institutionen und den Reformvertrag. Die kleine Chance, dass die Iren noch vor den nächsten EU-Wahlen im kommenden Frühsommer ein zweites Mal abstimmen (und Ja sagen), ist dahin.

Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker hat Recht, wenn er meint, in der schwierigen wirtschaftlichen Situation sollte kein Referendum abgehalten werden. Denn immerhin haben nach irischen Umfragen fast die Hälfte derjenigen, die Nein sagten, dies auch deswegen getan, weil sie gegen die teuren Lebensmittel protestieren wollten.

Und das wiederum zeigt, wie verfehlt Volksbefragungen über so schwierige Materien sind: Da wird gegen die Gobalisierung, zu Neige gehende Ölvorräte und die Regierung gestimmt, den Reformvertrag kannte kaum einer.

Doch die nunmehrige Verzögerung ist keine Tragödie. Die Gegner des Reformvertrags können in Ruhe über die Dinge nachdenken, die nicht kommen: Das Parlament wird in seinen Rechten nicht gestärkt. Statt direkt gewählten Mandataren entscheiden weiter die Staats- und Regierungschefs über den Kommissionspräsidenten. Die Grundrechte-Charta, die weit über viele nationale Grundgesetze hinausgeht, ist nirgendwo verankert. Über viele Gesetzesvorschläge wird das Parlament nicht mitentscheiden dürfen.

Diese Nachdenkphase tut allen gut. Auch den Befürwortern, die sinnieren können, wie sie den Vertrag den Menschen näherbringen können. Das Einigungswerk EU ist oft mit kleinen Schritten unterwegs und in Jahrzehnten zu messen. Auf wenige Jahre kommt es nicht an. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2008)