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Foto: APA/EPA/Kugler

Die Erforschung des Ursachenbündels zeigt, dass 93 Prozent "starre, traditionelle Geschlechterrollen" als Grund für die mangelnde Gleichberechtigung sehen, 84 Prozent führen auch fehlendes Bewusstsein für Fragen der Gleichberechtigung an.

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Wien – Wenn wählen übersetzt werden würde mit wünschen, dann stünde für den 28. September ein Wunsch ganz oben auf der Liste der Österreicherinnen und Österreicher: Mit einer satten Dreiviertelmehrheit werden Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze und steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten gefordert. Und zwar als wesentliche Maßnahmen, um für mehr Gleichberechtigung zu sorgen.

"Frauen nicht nur faktisch benachteiligt"

Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Karmasin Motivforschung zum Thema Gleichberechtigung, die der "Klub für Frauen – Die überparteiliche Fraueninitiative" bei Motivforscherin Sophie Karmasin in Auftrag gegeben hat.

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Das Bewusstsein ist weiter als das Sein. Nur 24 Prozent der 250 repräsentativ ausgewählten, telefonisch Befragten glauben, dass in Österreich Männer und Frauen gleichberechtigt sind. "Frauen sind in Österreich nicht nur faktisch benachteiligt, drei Viertel der Bevölkerung spüren das auch", erklärt Studienleiterin Sophie Karmasin im Gespräch mit dem Standard.

Gleichberechtigt - nur in der Familie

Die Erforschung des Ursachenbündels zeigt, dass 93 Prozent "starre, traditionelle Geschlechterrollen" als Grund für die mangelnde Gleichberechtigung sehen, 84 Prozent führen auch fehlendes Bewusstsein für Fragen der Gleichberechtigung an. 75 Prozent sind der Meinung, dass es "zu wenig Engagement für Fragen der Gleichberechtigung seitens der Politik und der Medien" gebe, und 71 Prozent beobachten eine abnehmende Relevanz von Frauenfragen, die die Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft weiter befestige.

In einem einzigen Bereich werden Frauen als "gleichberechtigt" mit den Männern wahrgenommen – "in der Familie" ist die Antwort, die 62 Prozent der Befragten geben. 30 Prozent sehen auch die Politik als Feld, in dem Frauen gleichberechtigt sind, nur 19 Prozent sagen das für den beruflichen Bereich.

Beim Einkommen ist die Sache noch eindeutiger: Sieben Prozent meinen, hier wäre Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern realisiert. Ein Viertel der befragten ÖsterreicherInnen findet übrigens, dass Frauen "nirgends" gleichberechtigt sind.

Wichtigkeit von Frauenthemen steigt im Alter

Die Bedeutung des Themas Frauenpolitik im laufenden Wahlkampf wird von den Befragten als wichtig eingestuft. "Fast drei Viertel der Bevölkerung hält Frauenpolitik für ein mögliches Wahlkampfthema", sagt Sophie Karmasin. Dabei zeigt sich allerdings eine Generationendifferenz. Zehn Prozent der unter 30-Jährigen setzen Frauenpolitik hochprioritär an, über 50 steigt die Wichtigkeit von Frauenthemen in der Politik auf mehr als das Doppelte (22 Prozent). In der Gruppe zwischen 30 und 50 Jahren sagten 16 Prozent, Frauenpolitik sei für sie sehr wichtig.

"Neu angehen"

Für Karmasin zeigt das: "Frauenpolitik hat faktisch noch immer eine hohe Brisanz, aber emanzipatorische Fragen wurden durch andere Themen wie Teuerung oder Einwanderung verdrängt. Frauenpolitik muss also neu angegangen werden." – Immerhin, die Mehrheit der WählerInnenschaft ist weiblich. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.9. 2008)