Der Wahlkampf ist voll im Gange, dutzende Plakate mit lächelnden Zugpferden der jeweiligen Partei prägen seit Wochen das Stadtbild. An fast jeder Straßenecke werden einem Give-aways in die Hand gedrückt - vom Aschenbecher bis zu Zuckerln. Alles, worauf ein Logo Platz hat, wird verteilt.

Ist die Wahlschlacht geschlagen, haben Werbeträger ihren Zweck erfüllt und werden entsorgt. Doch bei Sammlern sind diese Werbeartikel durchaus beliebt. Die Gruppe der Werbemittelsammler ist jedoch sehr überschaubar. Die Zielgruppen von Sammlern von Plakaten und Reklameartikeln sind völlig unterschiedlich. Für Plakate begeistern sich vor allem Kunstsammler und historisch Interessierte als auch Institutionen wie Museen. "In Österreich ist die Sammlerschicht mit zehn bis 15 Personen jedoch sehr dünn", erklärt Gerhard Krusche vom Dorotheum. Die meisten Interessenten seien im Ausland zu finden, vor allem in Amerika.

Wie etwa bei Briefmarken oder Münzen wird der Preis für Werbeartikel über Angebot und Nachfrage bestimmt. Je seltener und älter die Stücke, um so mehr sind Sammler bereit, dafür zu bezahlen.
Vor allem US-Interessenten sind bei Auktionen bereit, Höchstpreise zu berappen. 5000 Euro für Werbeplakate waren früher keine Seltenheit. Doch seit rund zwei Jahren geht die Nachfrage stark zurück - der schwache Dollar lässt laut Krusche die Sammler zurückhaltender agieren, wodurch auch das Preisniveau gesunken sei.

Reklame-Blase

Die Zielgruppe der Reklamesammler ist noch kleiner, seit Ende der 90er-Jahre die so genannte Reklame-Blase den Markt zusammenbrechen ließ. Die diversen Artikel waren nur mehr einen Bruchteil wert. In Mitteleuropa gibt es nur noch zwei Auktionshäuser, die Reklameartikel für Sammler anbieten: eines in Deutschland und das Dorotheum in Wien. Hauptsächlich werden die Werbeträger aber per Internet angeboten, über Ebay.

Doch auch Plakate werden nur mehr in vier Auktionshäusern Mitteleuropas angeboten. "Gutes Material aufzutreiben ist schwierig und harte Knochenarbeit, Highlights werden meistens im Ausland akquiriert", beschreibt Krusche seine Arbeit. Das Dorotheum bezieht 90 Prozent über Reklamebörsen, Auktionen im Ausland und internationale Messen.

Die Sammler verstehen die Investition in ihre Objekte keineswegs als Anlage. "Der Markt ist äußerst sensibel und schwankungsfreudig, es sind so gut wie keine Preisbilder vorhanden. Jede Börsenspekulation ist sicherer", sagt Krusche. Niemand sammle Plakate als Wertsteigerungsobjekte, das sei "reine Lust-und-Laune-Sache".

Die meisten Sammler teilen ihre Freude an den Stücken nur selten. Nur wenige gönnen ihren Besuchern einen Blick auf ihre Objekte oder organisieren Ausstellungen. (Doris Nentwich, DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2008)