Die Polizei passte auf, dass keine orangen Kulis, Folder und Luftballons mehr unter die Leute kamen. Haider und sein Team durften allerdings bleiben.

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"Prost". Alkohol als wichtigstes Wahlzuckerl war weiter mit von der Partie.

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"Jörg, zu uns!" Gibt es Freibier, fallen  Vorbehalte.

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Peter Westenthaler muss sich an die Rolle in der zweiten Reihe erst gewöhnen ...

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... und sucht sich andere Beschäftigungsmöglichkeiten.

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Simon aus Vorarlberg freut sich über Autogramme ...

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... diese fröhliche Runde flüchtet vor dem BZÖ-Spitzenkandidaten.

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Erinnerungsfoto mit Promi.

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"Noch vier Bier, bitte."

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"Baby, please don't go". In voller Lautstärke dröhnen die Bässe des Aerosmith-Megahits vom Autodrom herüber. Die kleine Gruppe inmitten der orangen Luftballons ist von Kameras umzingelt. "Der Jörg, da ist der Jörg!". Zwei Vorarlberger schälen sich aus der Lässigkeit, mit der sie am Snackstand ihr Bier aus der Dose schlürfen und winken den BZÖ-Spitzenkandidaten zu sich her. Der bildet, jovial scherzend und schulterklopfend, das Zentrum des Grüppchens. "Wählerkontakte" knüpfen, nennt es der Spin-Doktoren-Jargon. Geknüpft wird an diesem Wochenende vom BZÖ in Wien und in Niederösterreich. Der Bundesfeuerwehrleistungswettbewerb - Ehrenschutz Michael Häupl - im Wiener Ernst Happel-Stadion gibt eine perfekt vom Sonnenlicht ausgestrahlte Wahlkampfkulisse ab.

"No, no, baby please don't go", krächzt Steve Tyler noch immer völlig übersteuert aus den Lautsprechern, als Jörg Haider und sein Fantross bei den Rufern angekommen sind. Die entrollen ihr Feuerwehrplakat, "Jörg" setzt sein Autogramm darauf, lobt wahlwerbewirksam die "tollen Burschen von der Feuerwehr", die vor allem in der Jugendarbeit eine wichtige Rolle spielen und zieht weiter. Herbert Scheibner und Ex-Chef Peter Westenthaler folgen artig.

Wahlwerbung unerwünscht

Auf der großen Videowall rollt gerade neben fünf anderen Teams aus ganz Österreich die Feuerwehr Niederhausleiten-Höfing den Löschschlauch zusammen. Die Fans jubeln. Die strahlenden Jungfeuerwehrleute widmen sich wieder ihren Bieren und sinnieren schon mal drüber, in welcher Zimmerecke das Plakat wohl am besten aufgehoben sei. Einen orangen Kugelschreiber bekommen sie noch von einem orangen Wahlhelfer, in die Hand gedrückt.

"Komm, wir gehen", hastig zieht ein Vater seinen wenig begeisterten Sohn weg von den Luftballons, mit denen der Mann in Orange den Jungen ködern will.  "Eure Kulis und Luftballons san mir wuascht", schnauzt er einen besonders forschen Materialverteiler an, der sich, furchtlos für die "orange Sache" einsetzend, dem Mann noch einmal in den Weg stellt. "Bye, bye, Belinda", am Autodrom hat der Musikstil gewechselt.

Polizei im Schlepptau

Weniger wurscht sind die Kulis samt dazugehörigem Wahlwerbetross dem Organisator der Veranstaltung, Peter Eigl. "Jetzt seids ihr immer noch da. Das geht so net, was soll das! Ich will hier keine Wahlwerbung!" Diesmal hat es die Presse mitbekommen. Peinlich betreten versucht Herbert Scheibner das Schlimmste zu verhindern und zieht den aufgebrachten Herrn Eigl weg von den allzu aufmerksamen ORF-Kameras. Der hat bei seinem zweiten Versuch, das orange Werbematerial von seinem Veranstaltungsgelände zu verbannen, gleich die Polizei mitgebracht. Herbert Scheibner bleibt nichts anderes übrig, als die Männer und Frauen in den orangen Anoraks zurück auf "öffentliches Gelände" zu schicken. Doch Peter Eigl traut dem Frieden nicht. Der Besuch der BZÖ-Kandidaten bekommt brisante Begleitung. Den Rest des Nachmittags werden Eigl und eine Handvoll Polizisten dem Grüppchen folgen. "Every step you take, I'll be watching you", weht die Stimme von Sting vom "X-Dancer" bedrohlich herüber zum Festzelt.

"Schmäh führen" und "Bier zapfen"

Dort lautet die Devise von Jörg Haider weiter: "Schmäh führen", und "Bier zapfen". Dazwischen mal ein kurzes Gespräch über die halbierte Mehrwertssteuer, teures Brot und leere Geldbörsel. Wer schuld ist? Natürlich die Große Koalition. Das BZÖ wird als Allheilmittel feilgeboten. "Wenn ihr was verändern wollts, dann wählts uns". Mit dem Jörg sind alle per Du und der Jörg mit allen. Nickende Köpfe einerseits, empörte Stimmen am Rande der Gruppe. Schließlich würden 31 Prozent der österreichischen Bevölkerung das BZÖ "auf keinen Fall" wählen. Heute drücken aber die meisten ein Auge zu. Jörg Haiders Wahlkampfbrieftasche ist gut gefüllt. Das Bier strömt. "Geht es den Menschen gut, geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut .... " Peter Westenthaler nickt im Hintergrund. Ein Belohnungslächeln vom Spitzenkandidaten Haider in seine Richtung. "You got to keep on moving".

Nicht mehr ernst zu nehmen

Während das Interesse mancher zufälliger Zuschauer mit dem Verschwinden der Geschenkeverteiler radikal geschwunden ist, wollen andere zumindest ein Erinnerungsfoto mit einem "Promi" schießen. "Ich habe ihn schon mal gewählt", gesteht ein Pensionist, der mit seinen feuerwehrbegeisterten Enkeln den Wettbewerb verfolgt. "Aber seit der Parteispaltung kann ich ihn nicht mehr ernst nehmen."

"Ein Profi ist er aber schon", erläutert ein Oberösterreicher seinen Begleiterinnen. Sie allesamt stammen aus dem Nachbarort von Bad Goisern, wo Jörg Haider und Ursula Haubner aufgewachsen sind. Ob sie denn wissen, dass Haider gar nicht kandidiert, um in den Nationalrat zu kommen? "Nein, eigentlich nicht." Sie wollen ihn aber sowieso nicht wählen. Trotzdem finden sie es gut, dass er wieder Spitzenkandidat ist. "Die beste Lösung." Ob sie den Namen des ehemaligen BZÖ-Chef noch parat hätten? "Das war doch der ...". Der Name ist entglitten, nur eine der Oberösterreicherinnen kann ihn in personam dort hinten in der Menge ausmachen. "Der da drüben, der jetzt oft vor Gericht war."

"Der da drüben" - weiter ungestört von Freund und Feind - scheint sich gerade zu überlegen, wie er beim nächsten Programmpunkt der Haiderschen Tour etwas weniger verloren wirken könnte. Gelingt ihm das nicht, hätte er immer noch die Möglichkeit, beim letzten Termin für heute, dem abendlichen Konzert des Nockalmquintetts, so richtig laut mitzugröllen: "Volle Kanne Sehnsucht". (derStandard.at, Manuela Honsig-Erlenburg, 16.9.2008)