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Koptische Christen demonstrieren in Minya

Foto: Reuters/Nasser Nuri

Das koptisch-orthodoxe Kloster Abu Fana in Oberägypten hat es zu Weltruhm gebracht. Nicht wegen des Kreuz-Freskos oder den Ikonen in der Kirche aus dem 6. Jahrhundert, sondern wegen gewalttätiger Zusammenstöße zwischen den Mönchen und den muslimischen Bewohnern des Nachbardorfes.

In seiner vorislamischen Blütezeit lebten über 1000 Mönche in Abu Fana. Erst 1999 besiedelten wieder die ersten drei Mönche die historische Stätte, die Ende der 1980er-Jahre vom österreichischen Archäologen Helmut Buschhausen ausgegraben worden war. Sie entfalteten eine emsige Bautätigkeit, errichteten eine große Kirche und Wirtschaftsgebäude und begannen, Land zu kultivieren. Als sie anfingen, eine Mauer um ihren vermeintlichen Besitz zu ziehen, wehrten sich mehrere Dutzend Dorfbewohner mit Stöcken und Gewehren und legten Feuer.

Heute trennen Sicherheitskräfte die beiden Streitparteien. Die Spannungen sind auch Wochen nach dem Zwischenfall, bei dem mehrere Mönche schwer verletzt und ein Bauer getötet wurde, noch zu spüren.

"Mit Blut bewässern"

Abuna Mina ist ein Heißsporn unter den 18 Mönchen. "Sie haben uns entführt, geschlagen, wollten uns töten und uns zwingen, Muslime zu werden und unserem Glauben abzuschwören. Sie haben die Kirche angezündet und Ikonen zerstört. Das ist ein religiöser Streit", ereifert er sich und will von Landkarten und Besitzurkunden nichts wissen: "Mit Gottes Hilfe werden wir hier wieder 1000 Mönche ansiedeln und, sollte es nötig sein, das Land mit unserem Blut bewässern."

Im angrenzenden Dorf Beni Khalid ist Samir Abu Loalla nicht weniger aufgebracht. Für ihn ist klar, das Ganze ist ein reiner Landkonflikt, der mit Religion nichts zu tun hat. "Hätten sich die Mönche in die andere Richtung ausgedehnt, wäre nichts passiert", sagt der Besitzer des Landes an der Wüstengrenze, der sich auf Gewohnheitsrecht beruft. Er wirft den Mönchen vor, sie hätten viel Geld aus dem Ausland, mit dem sie sich Land zusammenkaufen würden.

Reiner Landstreit?

Dass es sich bei dem Problem um das Kloster um einen reinen Landstreit handelt, ist auch die Linie der von den Behörden eingesetzten Kommission, die eine Lösung finden soll. Zwei der Mitglieder sind sogar in die USA gereist, um sich mit dem koptischen Papst Shenouda III. zu treffen, der sich dort in medizinische Pflege begeben hat.

Einer von ihnen, der örtliche Parlamentsabgeordnete Alla Hassanein, erklärt, man werde eine Land-Begutachtung vornehmen, um den Ursprung des Konfliktes zu ermitteln. Das koptische Mitglied, der Geschäftsmann Eid Labib, verneint ebenfalls jede religiöse Dimension und betont, man wolle keine Einmischung von außen. Damit meint er die koptischen Organisationen im Ausland, die zwar eine wichtige Finanzquelle sind, die Lage ihrer Glaubensbrüder am Nil aber oft auch dramatisieren. Im Fall von Abu Fana war etwa die Rede davon, dass bei einem Überfall auf das Kloster alle Mönche getötet worden seien.

Abu Fana ist gleich in mehrerer Hinsicht ein Lehrbeispiel für die Zustände im Land von Langzeitregent Hosni Mubarak. Religiöse Spannungen gibt es offiziell nicht. Das Verhältnis zwischen den Kopten, die knapp zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, und den Muslimen wird schöngefärbt, Probleme werden unter den Teppich gekehrt.

Tatsache ist aber, dass die lokalen Medien immer öfter von Zusammenstößen berichten, die eine religiöse Färbung haben. Der Ursprung sind meist ganz gewöhnliche Alltagskonflikte. Aber jeder Streit um Land oder Wasser eskaliert, wenn Parteien verschiedener Religionsgemeinschaften beteiligt sind und sich diese mit den eigenen Leuten solidarisieren. Der Staat reagiert immer gleich. Er schickt Sicherheitskräfte in großer Zahl, die für Ruhe und Ordnung sorgen sollen.

Saudi-arabischer Islam

Die religiösen Spannungen haben sich stetig aufgebaut. Begründen lassen sie sich vor allem mit der zunehmenden Radikalisierung des Islam, nicht zuletzt als Folge des Einflusses der hunderttausenden Ägypter, die in Saudi-Arabien gearbeitet und eine intolerante Form des Islam mitgebracht haben. Der härter gewordene Überlebenskampf durch den rasanten Anstieg der Lebensmittelpreise in den letzten beiden Jahren hat die gesellschaftlichen Spannungen zusätzlich angeheizt. (Astrid Frefel aus Minya/DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.9.2008)