Neben den Eiern des Störs haben es auch jene der Wachtel auf die Liste luxuriöser Lebensmittel geschafft, die die SPÖ von der versprochenen Halbierung der Mehrwertsteuer ausnehmen will. Das mutet auch deshalb seltsam an, weil Wachteleier seit Jahrzehnten aus industrieller Landwirtschaft kommen: Die Hennen der japanischen Wachtel (der einzigen zur Zucht taugenden Unterart dieser ursprünglich nur als Wildvögel existierenden Spezies) werden auf engstem Raum in Bodenhaltung gehalten. Von artgerechter Lebensweise, die den Nimbus eines Luxusartikels rechtfertigen würde, ist das denkbar weit entfernt. Sie legen rund 300 Eier im Jahr - zwar in unregelmäßigen Abständen, dafür aber bis zu einem Dutzend gleichzeitig.

Im Geflügelgroßhandel werden die Eier stückweise verkauft, Gastronomen (de facto die einzigen Abnehmer) zahlen etwa 18 Cent pro Stück. In den Einzelhandel kommen die rund 10 Gramm schweren Eier nur ganz selten, und dann meistens geschält und in säuerliche Konservierungslösung eingelegt - ein Convenienceprodukt für die Garnierung von belegten Brötchen.

Im Gegensatz etwa zu Spanien, wo hartgekochte Wachteleier mit Salz, Pfeffer und Olivenöl serviert ein verbreitetes Tapas-Gericht sind, gibt es in Österreich keine Tradition, die Eier mit der gefleckten Schale zu verzehren. Wenn, dann finden sie sich als Garnierung auf ansonsten nichtssagenden Salaten, die so zu Vorspeisen aufgemascherlt werden sollen - aber auch das nur selten: Viele Gastronomen berichten nämlich, dass sich einheimische Gäste vor den kleinen weißen "Proteinflummis" grausen.

Ganz anders in China, wo Wachteleier in der Medizin als besonders förderlich für das Gleichgewicht der Lebensenergie "Qi" im menschlichen Körper gelten. Wachteleier, freilich auch solche aus Käfighaltung, werden in China milliardenfach an Rekonvaleszente, an Alte und kränkelnde Kinder verabreicht - meist langsam in kräftigenden Suppen geschmort.

In Frankreich gibt es Naturmediziner, die Wachteleier als Therapie gegen allergisches Asthma und Heuschnupfen verschreiben - angeblich mit guten Resultaten. Die Wirkungsweise ist freilich nicht erklärbar, auch müssen viele Patienten die Therapie vor Behandlungserfolg abbrechen, weil sie die Verabreichungsform - roh und auf nüchternen Magen - nicht vertragen.

Für manche sind sie plötzlich ein Inbegriff von Luxus. Bloß: warum? (Severin Cort, DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2008)