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Foto: EPA/MATTHEW CAVANAUGH

Sarah Palin: Eben noch auf der Showbühne, jetzt im Briefing-Schlamassel.

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Ein wenig ist es wie beim Völkerball. Wer dort nicht austeilen und einstecken kann, wird als letztes gewählt. Und ist unter den Ersten, die einen Ball abbekommen. "Hockey Mum" Sarah Palin ist so ein Fall. Kaum der Öffentlichkeit präsentiert, trat die 44-Jährige sie schon los, die Welle der Peinlichkeiten. Fremdschämen ist das Gefühl der Stunde, jüngst aufgetreten bei Palins erstem TV-Interview mit ABC, das gestern nationwide ausgestrahlt wurde. Die "Enthüllungen" über ihr Privatleben, Stichwort Teenager-Schwangerschaft, waren kaum dazu geeignet, die Kandidatin Palin ernsthaft zu desavouieren. Das nämlich gelingt niemandem besser als ihr selbst.

Sarah Palin, die auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner vor wenigen Tagen in St. Paul noch wie eine strahlende Siegerin ausgesehen hat, wirkt leer und ratlos, wenn sie sich Interviewfragen gegenübersieht, die über den Horizont ihrer kalten, beinahe unbewohnten Heimat hinausgehen. Bush-Doktrin? Nie gehört. Israel? Ein guter Freund, dessen Sicherheitspolitik sie nicht hinterfragen wolle. Russland? Im Notfall will Palin dem Reich Putins den Krieg erklären.

Klingt nicht nach dem change, den nicht nur Barack Obama propagiert, sondern längst auch John McCain. "Hockey Mum" Palin ist, was Außenpolitik betrifft, ähnlich beschlagen wie Alaskas Jugend, wenn es um Aufklärung und Sexualunterricht geht.

Palin war so schlecht vorbereitet, so schlecht gebrieft, dass es schwerfällt, einer potenziellen Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten nicht Ignoranz zu unterstellen. Ob sie ihre Botschaft trotzdem angebracht hat, lässt sich nur vermuten. Dass ihre Wählerschaft unprofessionelle und demotivierte Kandidaten schätzt, darf aber bezweifelt werden. Vor allem, wenn es um die Energieversorgung des Westens geht, die nach Ansicht Palins von Putins Russland wie ein Faustpfand betrachtet werde. Man müsse Russland im Auge behalten, konstatiert Sarah Palin. Von Wassilia, Alaska aus hat sie es dorthin ja nicht weit. (flon, derStandard.at, 12.9.2008)