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Die Branche zeigt sich über Pläne zur Verlagerung überrascht.

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Innsbruck - Swarovski setzt nicht nur im Kristallgeschäft den Sparstift an. Der Familienkonzern will die Kosten in Österreich quer über alle Produktionen um rund zehn Prozent reduzieren, ist aus gut informierten Kreise zu hören. Alle Werke seien auf dem Prüfstand.

Was die Kristallsparte der Tiroler betrifft, sorge nicht nur die stark wachsende Konkurrenz für Probleme. Swarovski würden im Zuge der Konjunkturschwäche Absatzmärkte wegbrechen. Das Unternehmen streicht heuer in Wattens, wie am Donnerstag berichtet, mehr als 700 Arbeitsplätze.Das sind zehn Prozent der Belegschaft im Stammhaus. Geprüft wird die komplette Verlagerung der Glassteinproduktion ins günstigere Ausland.

Ein politisches Erdbeben gibt es in Tirol deswegen vorerst nicht. Landeshauptmann Günther Platter sprach das Thema am Rande seiner Rede am Sonderlandtag am Donnerstag zwar an. Er betonte, die neuen Investitionen von 120 Mio. Euro seien "ein Bekenntnis Swarovskis zu Tirol". Für den früheren Arbeiterkammer-Präsidenten Fritz Dinkhauser vom Bürgerforum ist das Unternehmen in den vergangenen Jahren zu rasant gewachsen. Dass Swarovski nun über eine Auslagerung der Produktion nach Indien oder Thailand nachdenke, sei besorgniserregend.

ÖGB-Chef Franz Reiter fordert eine Landesarbeitsstiftung. Und für SPÖ-Chef Hannes Gschwentner ist der Stellenabbau bei Swarovski die Spitze eines Eisberges. Auch er pocht auf eine Landesarbeitsstiftung. Christine Baur von den Grünen bezeichnete es als einen Widerspruch, dass ein Unternehmen, das Gewinne schreibt, Arbeitsplätze abbaue. Swarovski solle auch in schwierigeren Zeiten zu den Mitarbeitern stehen. Solange ein Betrieb Gewinne erziele, brauche es jedenfalls keine Arbeitsstiftung.

Riskant fürs Image

Dass Swarovski überlegt, gleich die gesamte Kristallproduktion aus Tirol auszulagern, das verwundert Marktkenner wie Andreas Rath, Chef des Wiener Luster-Herstellers Lobmeyr. Glassteine seien an sich ja kein lohnintensives Produkt. Entscheidend seien die Technologie und der Maschinenpark. Vielen Kunden sei es zudem nicht gleichgültig, wo produziert werde. Eine Verlagerung in Billiglohnländer tue dem Image nicht gut. Silberfirmen etwa, die nach Brasilien gingen, seien nach Europa zurück gekehrt.

Die Konkurrenz ist für die Tiroler zweifelsfrei härter geworden. Der präzise maschinelle Schliff ist zwar über Patente gesichert. Aber auch der Mitbewerb beherrscht die Technik mittlerweile blendend. China produziert und vertreibt das glitzernde Glas günstig in großem Stil. Von Tschechien aus versorgt die Firma Preciosa den Markt. Und in Kairo erzeugt die Asfour Crystal täglich 100 Tonnen Glassteine. Die Zahl ihrer Mitarbeiter stieg seit 1961 von 200 auf 20.000. 98 Prozent der Ware gehen in den Export. Für die meisten Kunden sei der Unterschied zu den Tiroler Kristallen nicht ersichtlich, sagen Experten.

Swarovski sei Meister im Marketing und stark im Modegeschäft. Innovativ sei etwa die Technik, Kristalle auf Stoffe aufzubringen. Das Produkt an sich sei aber alles andere als High-Tech. Und der Preis dafür äußerst hoch. Handgeschliffenes Glas kleiner österreichischer Mitbewerber etwa sei nicht teurer als die Industrieware aus Wattens.

Rund um die Figuren gibt es rege Sammlerclubs, etwa in den USA. Von einem Kult ist man aber weit entfernt. Im Dorotheum wurden in den vergangenen fünf Jahren nur knapp 30 Swarovski-Produkte versteigert, erfuhr der STANDARD. Juweliere sehen in den Glasteilen keine Konkurrenz: Dass der Boom nach ihnen nicht auf Dauer anhalten könne, sei klar. (vk, ver, kol, DER STANDARD, Printausgabe, 12.9.2008)