Entgegen dem Trend in anderen OECD-Ländern ist die Zahl der Zuwanderer in Österreich deutlich gesunken. Dazu geführt haben die Abschottung des Arbeitsmarktes und die im Jahr 2006 verschärften Ausländergesetze.

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Rund vier Millionen Menschen sind im Jahr 2006 in die Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eingewandert - rund fünf Prozent mehr als noch im Jahr 2005. In Österreich allerdings ist die Situation konträr: "Dort ist die Zuwanderung gegen den Trend zurückgegangen", sagt OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig. Besonders deutlich zeigen dies die Zahlen zwischen den Jahren 2004 und 2006 des am Mittwoch in Berlin und Paris präsentierten Berichts ("Internationaler Migrationsausblick 2008"). Kamen 2004 noch 57.100 Migranten mit dem Wunsch, sich dauerhaft niederzulassen, nach Österreich, waren es 2006 nur noch 46.400. Das ist ein Rückgang um 18,7 Prozent - während in diesen beiden Jahren im OECD-Schnitt die Zuwanderung sogar um 18 Prozent anstieg.

"Zu diesem Effekt haben die Ausländergesetze von 2006 geführt, die die Bedingungen für die Familienzusammenführung verschärften", sagt Liebig. Seither müssen jene, die bereits in Österreich wohnen, ein regelmäßiges Einkommen nachweisen. "Ein Ergebnis davon ist ein deutlicher Rückgang in der Kategorie Familienzusammenführung", heißt es in dem Bericht. Ein weiterer Grund für den Rückgang: Österreich hat im untersuchten Zeitraum seinen Arbeitsmarkt gegenüber Zuwanderern aus den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten abgeschottet, ähnlich wie Deutschland, für das die OECD ebenfalls einen Rückgang bei den Zuwanderern konstatiert - um elf Prozent.

Anders als in Deutschland ist die Zahl der Zuzüge nach Österreich aber generell nach wie vor hoch. Sie liegt rund ein Drittel höher als im OECD-Schnitt. Deutschland hingegen befindet sich laut OECD auf "niedrigem Niveau".

Apropos Deutsche: 2006 kam jeder fünfte Migrant, der sich in Österreich niederließ, aus Deutschland, gefolgt von Einwanderern aus Serbien und Montenegro (neun Prozent), Polen (sieben Prozent) und der Türkei (sechs Prozent). Somit hat sich die Migration nach Herkunftsland deutlich verändert: In den vergangenen Jahren wuchs der Anteil der Deutschen um mehr als ein Drittel. Es kamen außerdem mehr Polen - Migration aus Serbien und Montenegro sowie der Türkei verlor an Bedeutung.

Chance nutzen

Für OECD-Generalsekretär Angel Gurria ist Migration eine Chance, wirtschaftliche Probleme zu lösen. Er appelliert daher an die Staaten, Zuwanderung effektiv zu nutzen, statt "intuitiv oder emotional" zu reagieren oder das Thema für kurzfristigen politischen Profit zu nutzen. Würde sich in Österreich die Zuwanderung im Umfang der vergangenen Jahre fortsetzen (2011 bis 2005), dann könnte Österreich den demografisch bedingten Rückgang der Erwerbsbevölkerung ausgleichen. Bis 2020 würde die Erwerbsbevölkerung sogar um rund sechs Prozent wachsen. Ohne Zuwanderung würde sie um drei Prozent zurückgehen.

"In vielen OECD-Ländern spielt Migration mittlerweile neben der Mobilisierung inländischer Ressourcen eine wichtige Rolle bei der Deckelung des Arbeitskräftebedarfs, den Hochqualifizierten werden die Tore weit geöffnet", sagt Liebig. Allerdings bemerke man auch den Trend "den Zugang zur Staatsbürgerschaft mit Tests zu verbinden". In Österreich sank auch die Zahl der Einbürgerungen: von 35.500 (im Jahr 2005) auf 26.300 (im Jahr 2006). ( Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 11.9.2008)

In Österreich wird die Zahl der Zuwanderer weniger, während in anderen OECD-Staaten wie den USA, Dänemark, Schweden oder Portugal ein Plus von Migranten verzeichnet wird. Foto: Cremer