Es ist eine Hassliebe, die Grüne und Liberale verbindet: Sie vertreten oft dieselbe Meinung, die Spitzenkandidaten mögen einander, sind aber dazu verdammt, sich gegenseitig die Wähler wegzuschnappen. Auch diesmal steht viel auf dem Spiel: Heide Schmidt will zurück ins Parlament, Alexander Van der Bellen endlich in die Regierung. Für beide ist es die letzte Chance.

Schmidt nützt, dass sie - so paradox es klingt - bei den letzten Wahlen gescheitert ist. Im Vergleich zur diskreditierten amtierenden Politikerkaste wirkt sie unverbraucht und irgendwie neu, trotz ihrer langen Karriere. Die LIF-Gründerin lebt von Charisma und Image, mit ihrer Rhetorik kaschiert sie, dass ihre jahrelang dahinsiechende Partei auf wichtige Fragen mitunter keine konkreten Antworten hat.

Fehlende Konzepte (seien sie nun realistisch oder nicht) kann man den Grünen nicht vorwerfen. Sie können sich im Wahlkampf auf eine schlagkräftigere Truppe stützen, kämpfen aber auch mit dem Image, schon zum Establishment zu gehören. Van der Bellen läuft in den TV-Konfrontationen zwar zu guter Form auf, doch so "anders", wie sie selbst gern behaupten, kommen die Ökos längst nicht mehr rüber.

Wankelmütige Wähler könnten danach entscheiden, wer sich einen groben Fehler erlaubt. Da bieten die Grünen Angriffsfläche, indem sie den umstrittenen Tierschützer Martin Balluch zum (Symbol-)Kandidaten gewählt haben. Balluch ist unbescholten. Aber die Vorwürfe wiegen zu schwer, um ihn vor einem Urteil taxfrei zum Justizopfer zu erklären. Den Grünen dürfte das mittlerweile dämmern: Beim Wahlkampfauftakt tauchte Balluch nicht auf. (Gerald John/DER STANDARD Printausgabe, 11. September 2008)