Für Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist das der Gag des Tages. Er kann ihn gar nicht oft genug wiederholen: "Da lachen ja die Wachteln!" Für SPÖ-Chef Werner Faymann sind die Wachteln da-gegen Verhandlungsmasse, ganz ernst gemeint.
SP-Chef Werner Faymann verhandelt am Donnerstag, mit Haider. Mit Grünen-Chef Alexander Van der Bellen gab es am Mittwoch ein Gespräch. Beide sind zwar für eine Streichung der Studiengebühren, eine formale Einigung gibt es aber in dieser Frage noch nicht, da die FPÖ, die man für eine Mehrheit benötigt, Zusatzwünsche hat.
Die SPÖ will und braucht Zustimmung. Am besten zu allen fünf Punkten, wenigstens aber zu zwei oder drei. Und der wichtigste Punkt im roten Kampf gegen die Teuerung ist die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Dafür würde SPÖ-Chef Faymann einiges tun. So verhandelt er derzeit über eine Senkung der Mehrwertsteuer auch auf Medikamente, wie von FPÖ und BZÖ gefordert, und darum sind auch die Wachteleier so wichtig.
Faymann will einen Erfolg im Parlament, und wenn er dafür Wachteleier, Kaviar und Safran von einer Senkung der Mehrwertsteuer ausnehmen muss, dann tut er es. Und wenn FPÖ und BZÖ Bedingungen stellen, dann wird darüber verhandelt, wenn es sein muss bis Freitagnachmittag, wenn in der Sondersitzung des Parlaments über eine Fristsetzung der Anträge abgestimmt wird.Diese ist notwendig, damit in der zweiten Parlamentssitzung am 24. September überhaupt über die Anträge abgestimmt werden kann.
Höchst umstritten ist aber schon der freitägliche Termin für die Sondersitzung. Gegen die Stimmen von ÖVP, Grünen und BZÖ hat ihn Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am Mittwoch festgelegt. ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel sprach von einer "parteipolitischen Entscheidung gegen die Mehrheit" , die "einmalig" in der Geschichte des Parlamentarismus sei. Die Grüne Eva Glawisch-nig empörte sich neuerlich über einen "vorbereiteten Paarlauf" der SPÖmit der FPÖ. BZÖ-Klubobmann Peter Westenthaler sprach von einem "Skandal" .
Da ÖVP und Grüne den roten Steuersenkungsplänen keinesfalls zustimmen wollen, ist Faymann auf FPÖ und BZÖ angewiesen. Sowohl FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als auch BZÖ-Obmann Jörg Haider machten klar, dass ihre Zustimmung zu den roten Forderungen keineswegs fix sei. Haider stellte sogar neue Bedingungen auf: Vordringlich ist für ihn die Steuerbefreiung der ersten 20 Überstunden und ein Lohnsteuerbonus für jeden von 200 Euro, der im Oktober oder November ausbezahlt werden soll. Pro Kind würden weitere 50 Euro dazukommen. Kommen diese Maßnahmen, kann sich Haider sogar eine Verschiebung der Mehrwertsteuersenkung vorstellen, sagte er zum Standard. Klar sei: "Wenn Faymann unsere Zustimmung will, muss er uns auch entgegenkommen." Unter Zeitdruck will sich Haider, der erst Donnerstagnacht mit Faymann verhandelt, nicht setzen lassen. Gegebenenfalls könne man eine zweite Sondersitzung machen.
Vor Optimismus warnte auch Strache. Bisher habe es noch in keinem einzigen der fünf Punkte eine Einigung mit der SPÖ gegeben. Zwar sei eine Chance darauf "im positiven Sinne gegeben" , so wie das Paket jetzt auf dem Tisch liege, könne die FPÖ mangels sozialer Treffsicherheit aber nicht zustimmen. Der SPÖ-Vorschlag, zwölf Luxusartikel wie Langusten oder Wachteleier von der geplanten Mehrwertsteuersenkung auszunehmen, geht Strache nicht weit genug. Er fordert die Senkung der Steuer nur auf Grundnahrungsmittel wie Brot oder Wurst. Außerdem will die FPÖ auch die Mehrwertsteuer auf Medikamente und Heimbehelfe halbieren. Strache wollte sich aber nicht darauf festlegen, von welchen Forderungen er auf keinen Fall abrücken will. Auch er braucht Verhandlungsmasse. (go, kw, völ/DER STANDARD Printausgabe, 11. September 2008)