Die Ähnlichkeit ist manchmal fast unheimlich. Wenn Frank-Walter Steinmeier spricht, meint man Gerhard Schröder reden zu hören. Auch die Gestik des deutschen Außenministers ist der des Ex-Kanzlers ähnlich. Nur eines hörte man von Steinmeier bisher nicht: Dass er, wie einst Schröder, nächtens am Zaun des Kanzleramtes rüttelte und brüllte: "Ich will da rein." So viel Feuer hat der zurückhaltende Steinmeier nicht. Und dennoch: Bei der Wahl 2009 soll er zurückerobern, was der SPD unter Schröder verlorenging.

Damit würde sich der Kreis schließen. Wie kein anderer verdankt Steinmeier seine Karriere Schröder und gilt daher als Lordsiegelbewahrer der Schröder'schen Reformpolitik.

Schröder war es, der seinen Referenten Steinmeier nach der Abwahl von Helmut Kohl aus Niedersachsen zunächst nach Bonn und dann nach Berlin mitbrachte. Da wie dort funktionierte die Arbeitsteilung der beiden niedersächsischen Juristen aus kleinen Verhältnissen geräuschlos: Schröder regierte, nicht selten ein wenig krawallig, und Steinmeier hielt ihm still und bescheiden den Rücken frei, machte ihm also, wie man in Berlin spottete, "den Hausmeister". Als Chef des Kanzleramtes regelte er zwischen 1999 und 2005 nicht nur mit den Energiekonzernen den Atomausstieg. Unter Steinmeiers Regie wurde auch die "Agenda 2010" gezimmert - jene Reformen, die den Deutschen tiefe Einschnitte bei den Sozialleistungen bescherten. 2005, als Schröder abgewählt wurde, schlug endlich Steinmeiers Stunde. Als er unter Kanzlerin Angela Merkel Außenminister wurde, löste er sich aus Schröders Schatten und rückte in die erste Reihe auf.

Wie alle deutschen Außenminister ist Steinmeier sehr beliebt. Anders als Schröder scheut "Häuptling Silberlocke" jedoch das laute Wort. Ob er sich zu den Krisenherden der Welt oder der SPD äußert - stets tut er dies abwägend. So mancher in der SPD hat deshalb Zweifel, ob der 52-Jährige der richtige Herausforderer für Kanzlerin Angela Merkel ist, zumal er das genaue Gegenteil eines SPD-Urgesteins ist.

Steinmeier, seit Herbst 2007 auch Vizekanzler, musste nie die Ochsentour durch die Parteigremien schaffen, er erhielt seine Ämter stets von höherer Stelle. Einen starken Landesverband hat er auch nicht hinter sich, der Basis nähert er sich fast schüchtern. Immerhin: Einmal, im Oktober 2007, wurde er schon gewählt - zum SPD-Vize. Er erreichte das beste Ergebnis der vier Stellvertreter. (Birgit Baumann/DER STANDARD Printausgabe, 8. September 2008)